19.10.2021

Evangelische Kirchen begingen Reformationsempfang mit „Zuversicht“

Chalupka: „Haben Zuversicht nötig, aber sie ist uns zugesagt“ – Hoffnungsvolle Ausblicke aus vielen Arbeitsbereichen der evangelischen Kirchen

Zuversicht in herausfordernden Zeiten: Für Bischof Chalupka eine der Aufgaben der Kirchen. Foto: epd/Uschmann

Chalupka: „Haben Zuversicht nötig, aber sie ist uns zugesagt“ – Hoffnungsvolle Ausblicke aus vielen Arbeitsbereichen der evangelischen Kirchen

Wien (epdÖ) – Zuversicht in schwierigen Zeiten und angesichts großer Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft hat der diesjährige Reformationsempfang der Evangelischen Kirchen in Österreich vermittelt. Bei dem Festakt am Dienstag, 19. Oktober, im Wiener Odeon Theater warfen die lutherische, die reformierte und die methodistische Kirche auch musikalisch und literarisch einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. „Warum haben wir diesen Empfang unter das Motto Zuversicht gestellt? Weil wir sie nötig haben!“, betonte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in seinen Grußworten zu Beginn.

Chalupka verwies auf die Klimakrise, die Pandemie oder die jüngsten innenpolitischen Schlagzeilen, die das Vertrauen in die Politik beschädigt hätten: „Es ist kein Trost zu sehen, dass die Art der Respektlosigkeit, die uns in der Karfreitagsfrage entgegengebracht wurde, nicht auf uns alleine beschränkt worden ist.“ Auch brauche es Zuversicht angesichts tagtäglicher Katastrophen – Chalupka erinnerte an den Tod zweier von Schleppern nach Österreich gebrachter Flüchtlinge, der wenige Stunden zuvor bekannt geworden war. „Doch Zuversicht haben wir nicht nur nötig, sie ist uns auch geschenkt!“, hielt Chalupka dem entgegen. Die Kirche lebe nie aus sich selbst heraus, nicht durch ihre Mitglieder oder Amtsträger, sondern „weil Jesus auferstanden ist“. Die Verantwortung, die daraus für Menschen und Natur entstehe, wolle die Evangelische Kirche 2022 im „Jahr der Schöpfung“ sowie mit dem Entwicklungsprozess „Aus dem Evangelium leben“ ganz besonders übernehmen: „Auch wenn wir als evangelische Kirchen klein sind an Mitgliedern und Finanzen, tragen wir doch unseren Teil bei zum Zusammenleben in der Gesellschaft.“

Zuversichtliches aus Kirche, Musik und Literatur

„Zuversichtskirchen“ präsentierten Michael Guttner, Pfarrer im kärntnerischen Feld am See, und die niederösterreichische Jugendpfarrerin Anne-Sofie Neumann. Dabei spannten sie den Bogen von der traditionellen Toleranzkirche des 18. Jahrhunderts zur digitalen Kirchen-Community des 21. Jahrhunderts. Guttner verglich die Zuversicht mit einer Kastanie, die er als Bub in einen Maulwurfshügel gesteckt, und aus der sich ein großer Kastanienbaum entwickelt habe: „Genauso kann es mit vielen Projekten in unserer Kirche sein.“ Dabei erinnerte der Kärntner Senior auch an das jüngste Projekt der großen Photovoltaikanlage, die nach mehreren Anläufen „und allen Widersprüchen zum Trotz“ inzwischen alle Gremien überzeugt habe und Zuversicht ausdrücke. Neumann präsentierte in einem kurzen Video die Vielfalt der digitalen Kirche. Diese überschreite nationale und religiöse Grenzen: „Ich habe mich mit Menschen ausgetauscht, die ich persönlich noch nie analog getroffen habe. Es ist ein buntes Miteinander, vielleicht auch ein Durcheinander, aber geeint durch den gemeinsamen Nenner: Gottes Botschaft zu verkünden.“ (https://youtu.be)

Anne Sofie Neumann präsentierte die „grenzenüberschreitende“ digitale Kirche. Foto: epd/Uschmann

Im Vorfeld des „Jahres der Schöpfung“ hob Werner Schwarz, Umweltbeauftragter der Evangelischen Kirche in Salzburg und Tirol, mit eigenen „Zuversichtsbildern“ aus der Natur die Bedeutung kirchlicher Umweltarbeit hervor. Er rief dazu auf, alles dafür zu tun, dass „wir die Freuden der Natur weiterhin auskosten dürfen“. Ruth Oberhuber von der Theatergruppe „Malaria“ des Diakoniewerks Gallneukirchen las zuversichtliche Texte von Autorinnen und Autoren aus dem Diakoniewerk. Dazu musizierte sie gemeinsam mit Brigitte Oberhuber auf der Harfe. Die Grazer Band Kinsky mit dem steirischen Diözesanjugendreferenten Dominik Knes präsentierte ein Musikvideo zu ihrem Lied „Zuversicht“.

Schwerpunkt: 150 Jahre Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich

Ein weiterer Schwerpunkt des Empfangs war dem 150-Jahr-Jubiläum der Evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich gewidmet. Superintendent Stefan Schröckenfuchs und sein albanischer Amtskollege Wilfried Nausner erzählten von der Arbeit ihrer Kirchen. Die spezifisch methodistische Zuversicht im Glauben hob Nausner hervor: „Das Leben im Glauben ist immer die tätige und zuversichtliche Antwort auf die Ansprache Gottes, oft auf den Boden gebracht durch einen normalen, fehlbaren Menschen. Voraussetzung dafür, dass dieser Ruf eine Antwort findet, ist zu verstehen: Mein Leben ist immer die Gabe eines menschenfreundlichen Gottes.“ Und Schröckenfuchs ergänzte: „Der Mensch ist einer, der immer wächst, und in dem etwas Gutes angelegt ist. Ängste, Egoismen, Verletzungen halten uns davon ab. Aber die Gemeinden sind Orte, in denen Menschen hören, dass ein großes Ja über sie ausgesprochen ist.“

Der albanische methodistische Superintendent Wilfried Nausner (l.) und sein österreichischer Amtskollege Stefan Schröckenfuchs (m.) erzählten im Gespräch mit Moderatorin Eva Harasta (r.) von der Arbeit ihrer Kirchen. Foto: epd/Uschmann

Preise für Sozialprojekte und vorwissenschaftliche Arbeiten

Im Rahmen des Reformationsempfangs wird alljährlich der Diakoniepreis für innovative Sozialprojekte in Diakonie und Kirche vergeben. Heuer teilten sich die Auszeichnung das Freizeit- und Bildungsprojekt „Aufmachen“ des Salzburger Jugendvereins „teilweise“ und der „Tauschraum“ für Soziales und Nachhaltigkeit der evangelischen Pfarrgemeinde Wels. Gestiftet wurde der mit 10.000 dotierte Preis von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Für Synodenpräsident Peter Krömer sind die beiden Projekte „es wert, dass sie auch als Vorbild für andere Pfarrgemeinden dienen“. Thomas Haider, stellvertretender Direktor der Raiffeisenlandesbank OÖ, bezeichnete es als „eine besondere Freude seit zwei Jahrzehnten den Diakoniepreis zu stiften und damit innovativen Sozialprojekten eine Bühne zu geben“.

Der Preis für die beste vorwissenschaftliche Arbeit aus dem Fach evangelische Religion ging heuer an Sören Weigold (BG/BRG Lichtenfels Graz) und Sophie Weinhandl (BG Rein). Weigold habe mit seiner Arbeit „Martin Luther und die Bauernkriege“ selbst akademische Seminararbeiten „in den Schatten gestellt“ so Oberkirchenrat Karl Schiefermair in seiner Würdigung. Ein zentraler Begriff der Arbeit ist die „evangelische Freiheit“. Diese müsse heute weiter gefasst werden als von Martin Luther und etwa sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität beinhalten, betonte Weigold.

Weinhandl habe in ihrer Arbeit über „Trauerphasen bei Jugendlichen nach dem Todesfall einer nahestehenden Bezugsperson“ eine „hohe Sensibilität und fachliche Methodik“ an den Tag gelegt, unterstrich Schiefermair. „In der westlichen Welt ist Trauer ein Thema, über das nicht gern gesprochen wird, deshalb erhalten Organisationen, die sich des Themas annehmen, nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen“, meinte Weinhandl, die sich in ihrer Arbeit mit der Beratungsstelle „Rainbows“ auseinandergesetzt hatte.

Paragleiter, Reisebegleiterin und Tiefseetaucher

Gemeinsam mit dem Künstler Olaf Osten präsentierte Schiefermair eine Serie von Kampagnen-Sujets, die für den Beruf des Religionslehrers und der Religionslehrerin werben sollen. Osten, der bereits 2017 Sujets anlässlich des Reformationsjubiläums entworfen hatte, zeigte sich geehrt über den Projektauftrag: „Es ist mir nicht schwer gefallen, Ja zu sagen. In meinem Beruf fragt man sich hin und wieder: Warum tun wir das? Da ist es manchmal ganz schön, ein Projekt zu haben, bei dem man das Gefühl hat, etwas beizutragen.“ Die Bilder zeigen einen Paragleiter, eine Reisebegleiterin und einen Tiefseetaucher. Sie sollen zeigen, dass Religionslehrerinnen und -lehrer „zwischen Himmel und Erde schweben wie ein Paragleiter“, junge Menschen auf wichtigen Lebenswegen begleiten wie eine Reisebegleiterin und wie ein Taucher „evangelischen Identitäten nachgehen“. (evang.at/reli)

Der Künstler Olaf Osten (l.) und Oberkirchenrat Karl Schiefermair präsentierten Sujets, die für den Beruf der Religionslehrerin und des Religionslehrers werben sollen. Foto: epd/Uschmann

Die hier ausgestrahlte Zuversicht „möge uns zuversichtlich machen, dass wir ein Stück weit die Gesellschaft verändern können“, meinte der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld in seinen Schlussworten. Zuversicht mache das „Herz leicht und uns fröhlich, damit wir die Hoffnung weitergeben können“.

Den Festakt, den umfangreiche COVID19-Präventionsmaßnahmen begleiteten, moderierte Eva Harasta, theologische Referentin von Bischof Michael Chalupka. Musikalisch gestalteten den Nachmittag im Odeon Theater Moritz Pedarnig (Drums), Georg Gruber (Keys) und Stephan Först (Bass) von der Johann Sebastian Bach Musikschule.

Der Reformationsempfang von evangelisch-lutherischer, evangelisch-reformierter und evangelisch-methodistischer Kirche findet alljährlich im Vorfeld des Reformationstages am 31. Oktober statt. An diesem Tag soll im Jahr 1517 der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen öffentlich angeschlagen haben. Damit leitete er die Reformation ein.

Bilder vom Reformationsempfang finden Sie auf: foto.evang.at

Auf evang.at/youtube können Sie den Stream der Veranstaltung nachträglich ansehen.

ISSN 2222-2464

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