28.09.2006

Evangelische Kirche ohne Personalsorgen

Oberkirchenrätin Reiner: Nahezu idealer Zustand – Balance zwischen Berufsanfängern und in Pension gehenden Pfarrerinnen und Pfarrern

Oberkirchenrätin Reiner: Nahezu idealer Zustand – Balance zwischen Berufsanfängern und in Pension gehenden Pfarrerinnen und Pfarrern

Wien (epd Ö) – Als „nahezu idealen Zustand“ beschreibt Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner die Balance zwischen Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern und denjenigen, die aus dem Pfarrerinnen- und Pfarrerdienst in der Evangelischen Kirche in Österreich ausscheiden. „Wir haben das Glück, dass wir jedes Jahr fünf bis sieben Ordinationen ins geistliche Amt durchführen können.“ Damit würde man genau jene Lücke schließen, die durch die „mit 65 Jahren in Pension gehenden Kolleginnen und Kollegen entsteht“.

„Wir haben oft viele Kilometer an Strecken, die die Pfarrer und Pfarrerinnen fahren müssen, um die Gemeinden zu betreuen“, erklärte Reiner bei einem Journalistengespräch am Mittwochabend, 27. September, in Wien. Deshalb sei eine freie Pfarrstelle manchmal kaum durch die nächstliegende Gemeinde administrierbar. Die für den Personalbereich zuständige Oberkirchenrätin ist froh, „dass gerade solche großen Lücken mit jungen Kolleginnen und Kollegen gefüllt werden können“. Sie hätten „kein einfaches Studium hinter sich“, verfügten über drei Jahre praktische Ausbildung im Pfarramt und wären „sehr gut für ihren Dienst im Pfarramt ausgebildet“.

Außerdem bestehe die Möglichkeit, einige junge Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland zu übernehmen, gab Reiner zu verstehen. Dort herrsche nach wie vor eine „Pfarrerschwemme“. Durch starke Budgetkürzungen in etlichen deutschen evangelischen Landeskirchen warten „hunderte von jungen Kollegen und Kolleginnen auf eine Anstellung“. Sie müssen zum Teil jahrelang warten, bekommen keine Anstellung in ihrer Landeskirche mehr oder müssen sich bei anderen Landeskirchen bewerben. „Aus diesem Grund haben wir dafür ein Modell der befristeten Übernahme entwickelt und können so auch überraschend auftretende Lücken wieder in guter Weise füllen.“

In etwa bleibe auch die Zahl der Studierenden gleich, die als Berufsziel das evangelische Pfarramt angeben, „und das ist für mich, angesichts der wachsenden Säkularisierung der Gesellschaft, wie ein Wunder vor unseren Augen und ein Gottesgeschenk“. Vor allem junge Menschen, die sich „durch den Religionsunterricht angesprochen fühlen“, entscheiden sich, Evangelische Theologie zu studieren. An der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien studieren in etwa gleich viele Frauen wie Männer. Da immer wieder manche Frauen nach einigen Jahren der Berufstätigkeit in Karenz gehen und Kinder bekommen, gebe es „in der Praxis wesentlich mehr Männer“ im Pfarramt.

Reiner zeigte sich dankbar, dass das Kirchenbeitragsaufkommen es noch ermögliche, „dass wir diese Pfarrer und Pfarrerinnen bezahlen können“. Rund 80 Prozent des Kirchenbeitragsaufkommens fließen in die Gehälter der AmtsträgerInnen. Die Oberkirchenrätin hofft, dass der Kirchenbeitrag „wenigstens in der Lage wie jetzt gehalten werden kann“. Aber noch immer wäre die finanzielle Lage „eine heikle Situation“.

Ein jahrzehntelanger Pfarrermangel sei mit der Entscheidung im Jahr 1965, dass auch Frauen zum geistlichen Amt ordiniert und damit in den Pfarrerberuf übernommen werden, „überwiegend behoben“ worden. Seit 1980 sind Frauen ihren männlichen Kollegen auch dienstrechtlich gleichgestellt.

Ein Pfarrer bzw. eine Pfarrerin betreut in der Evangelischen Kirche bei einer ganzen Pfarrstelle im Durchschnitt 1.000 bis 1.500 Gemeindeglieder. Derzeit sind 72 Pfarrerinnen und 208 Pfarrer in der Evangelischen Kirche A.B. beschäftigt. Insgesamt gehören rund 340.000 Österreicherinnen und Österreicher zu einer der 209 Pfarrgemeinden der Evangelisch-lutherischen Kirche.

ISSN 2222-2464

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