24.10.2001

Evangelische Delegation in den Niederlanden

Nach einer Informationsreise des Diakonischen Ausschusses: Ernsthaftigkeit der Euthanasie-Diskussion in den Niederlanden ist anerkennenswert

Nach einer Informationsreise des Diakonischen Ausschusses: Ernsthaftigkeit der Euthanasie-Diskussion in den Niederlanden ist anerkennenswert

Wien, 24. Oktober 2001 (epd Ö) „Die protestantischen Kirchen der Niederlande diskutieren seit Jahren einen Katalog von Formen und Möglichkeiten des Lebens, das lebenswert ist bzw. an dem man messen kann, welches Leben nicht erhalten zu werden braucht. Uns hat dieser Katalog tief erschreckt.“ Das berichtete Bischof Mag. Herwig Sturm gegenüber epdÖ über die Informationsreise des Diakonischen Ausschusses der Generalsynode zum Thema Euthanasie am 17. und 18. Oktober. Sturm zeigte sich beeindruckt über die Gespräche mit Vertretern der niederländischen Parlamentsparteien und der Regierung, mit dem österreichischen Botschafter, einem Arzt und Vertretern der reformierten und lutherischen „Zusammen-auf-dem-Weg“-Kirchen. Dennoch äußerte er seine Bestürzung über den Stand der Diskussion in diesen Kirchen, „die über passive und aktive Sterbehilfe sprechen, nicht nur im Endstadium von Krebspatienten und ähnlichen Krankheiten, sondern auch bei Frühgeburten, schwerstbehinderten Kindern und Verkehrsopfern“.

Der Bischof kritisierte, dass eine theologische Fundierungen und Durchdringung dieses Themas den Besuchern nicht geboten worden sei. Vielmehr habe die Bestimmung der Todesstunde durch Arzt, Patient und Angehörige „etwas Gespenstisches“ an sich. Ihr gehe ein gesetzlich vorgesehenes System von Gesprächen, mit Dokumentationen und Entscheidungen voraus, das wie ein Ritus wirke, dessen Sogkraft sich der Patient nur schwer entziehen könne.

Die niederländische Gesellschaft ist anders

Die Vorsitzende des Diakonischen Ausschusses, Superintendentin Mag. Luise Müller, äußerte sich anerkennend zu dem „ehrlichen und verantwortlichen Zugang“ zu dem Problem. Zwar sei sie immer noch gegen aktive Sterbehilfe, sehe aber ein, dass Überlegungen, wie sie in den Niederlanden getroffen würden, nicht ausgeblendet werden könnten. Allerdings sei die niederländische Gesellschaft tiefgreifend anders als die österreichische.

Auch der Direktor der Diakonie Österreich, Pfarrer Mag. Micheal Chalupka, räumte ein, dass die Diskussion in den Niederlanden mit großer Ernsthaftigkeit und Sorgfalt geführt werde. Aktive Sterbehilfe werde als letzte Möglichkeit nach einer umfassenden palliativen Betreuung der Patienten verstanden. Da jedoch die Situation der Pflege und die Diskussionskultur zwischen den Niederlanden und Österreich „extrem unterschiedlich“ sei, sei eine Übertragung des niederländischen Modells auf Österreich nicht möglich.

ISSN 2222-2464

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