24.04.2002

EU: Kirchen wollen gehört werden

Appell an die EU-Kommission - Internationales Symposion "Die Kirchen und die Europäische Union" tagte in Heiligenkreuz und Kleinmariazell

Appell an die EU-Kommission – Internationales Symposion „Die Kirchen und die Europäische Union“ tagte in Heiligenkreuz und Kleinmariazell

Wien, 24. April 2002 (epd Ö) Einen „dringenden Appell“ richten die Teilnehmer des internationalen Symposions „Die Kirchen und die Europäische Union“ an die Kommission der Europäischen Union und an ihre Mitgliedsstaaten. Darin wird gefordert, „die Staaten, die die Beitrittskriterien weitgehend erfüllt haben, möglichst bald in die Europäische Union aufzunehmen.“ Gefördert und unterstützt werden sollen jene Länder, die „noch nicht in der Lage sind, die Kriterien zu erfüllen.“

„Einig“ seien die Teilnehmer des Symposions weiter „in dem dringenden Wunsch, dass die Kirchen in qualifizierter Weise vom Verfassungskonvent angehört werden.“ Dies solle über die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und die Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen (ComECE) geschehen.

Kauer: Kirchen qualifiziert anhören

„Die Erweiterung der Europäischen Union bietet große Chancen für die Menschen in den Ländern und Kirchen der Beitrittskandidaten. Wir sind dabei, die Menschen und die Kirchen dafür fit zu machen“, sagte der evangelische Oberkirchenrat MMag. Robert Kauer bei einer Pressekonferenz anlässlich der internationalen Kirchenjuristentagung am Mittwoch in Wien. Bei der Erarbeitung einer „Europäischen Verfassung“ müssten die Kirchen qualifiziert angehört werden“. Dies sei bis jetzt „nicht der Fall“. Geschehen könne dies, so das Mitglied der lutherischen Kirchenleitung, „beispielsweise über ein geordnetes Begutachtungsverfahren“ bei der Erarbeitung der Verfassungsurkunde der EU. Ziel sei es, die „Grundrechtscharta wie auch immer in den Verfassungsrang der Europäischen Union einfließen zu lassen.“

Kapellari: Kirchen brauchen Spielraum

„Die Kirchen brauchen Spielraum und Instrumente, die staatskirchenrechtlich abgesichert sein müssen“, sagte Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari. Es gebe zwar die „Kirchenklausel“ im Amsterdamer Vertrag, die habe aber kaum „juristisches Gewicht“. „Die Kirchen tragen die Zivilgesellschaft in Europa“, so der Bischof, daher erwarten die Kirchen „zumindest keine Verschlechterung unserer Möglichkeiten.“

Staikos: Kirchen sind anerkannte Gesprächspartner

„Die Kirchen sind in jedem Land der EU gesetzlich anerkannte Gesprächspartner, in vielen Ländern sogar in der Verfassung verankert. Auf der nächsten Ebene, der EU, gilt das alles nichts mehr“, erklärte der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos. Dies habe er „mit Befremden“ zur Kenntnis genommen. Über die Konferenz äußerte sich Staikos positiv: „In den vergangenen Tagen wurde viel Wertvolles gesagt. Ich bin dankbar, dass die Orthodoxie eingeladen wurde.“

Szebik: Kirchen so früh wie möglich einbeziehen

„Der Beitritt zur EU ist ein langer Prozess, der Zeit und Kenntnisse in der Gesellschaft und den Kirchen voraussetzt“, so der lutherische Bischof Dr. Imre Szebik aus Budapest. Er erachte es als für „sehr wichtig, dass die Kirchen als Partner für die EU so früh wie möglich einbezogen werden.“

Erdö: Viele EU-Fachleute – gute Gespräche

Als „äußerst bemerkenswert“ erachtete Dr. Peter Erdö aus Székésfehervár/Ungarn den hohen Informationsaustausch im Rahmen der Tagung: „Ich hatte Gelegenheit, mit vielen EU-Fachleuten und Kirchenvertretern zu sprechen.“ Im Mittelpunkt der Gespräche seien zentrale Punkte wie der Tendenzschutz bei kirchlichen Betrieben oder Datenschutzrichtlinien innerhalb der EU gestanden. Erdö: „Darauf müssen wir uns vorbereiten.“ Auf jeden Fall aber müsse den Kirchen „angemessener Entfaltungsspielraum eingeräumt werden.“

Erstmals hochrangige Konferenz gemeinsam vorbereitet

„Das ist das erste Mal, dass wir eine so hochrangige Konferenz gemeinsam vorbereitet und durchgeführt haben“, betonte Oberkirchenrat Kauer mit Blick auf das Symposion in Heiligenkreuz, „es war eine offene und gleichberechtigte Zusammenarbeit“. Er sehe die Kirchen als „faire Übersetzer“ der slawischen Beitrittskandidaten und Ungarns, denn „wir wissen um den Hintergrund der Völker und der Gedanken bei ihren Beiträgen.“

Über 100 Teilnehmer, darunter hochrangige Repräsentanten der Kirchen in Europa, Kirchenjuristen und EU-Experten sind der Einladung der Österreichischen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche A. und H.B. zu dem internationalen Symposion „Die Kirchen und die Europäische Union, rechtliche Konsequenzen der EU-Erweiterung für die Kirchen“ gefolgt. Die Tagung fand vom 22. bis 24. April in Heiligenkreuz und Kleinmariazell statt.

ISSN 2222-2464

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