23.04.2015

Didaktiker Leps: „Schulische Bildung ist Friedensbildung“

Materialien verstehen und deuten können sei entscheidende Fähigkeit

"Die Kenntnis rechtlicher Texte war der Kern der politischen Bildung bei Luther", sagte der Hamburger Erziehungswissenschaftler Horst Leps bei seinem Vortrag in Wien. (Foto: epdÖ/S.Janits)

Materialien verstehen und deuten können sei entscheidende Fähigkeit

Wien (epdÖ) – Hermeneutische Fähigkeiten und Rechtskenntnisse solle ein Unterricht in der Schule aus Sicht Martin Luthers vermitteln. Dies erklärte Horst Leps von der Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Im Rahmen der Ringvorlesung anlässlich des Jahres der Bildung der Evangelischen Kirchen in Österreich sprach der Didaktiker am 22. April an der Evangelisch-Theologischen Fakultät zum Thema „Bildung, Reformation und Politik“.

„Luther war es wichtig, dass alle Kinder die Schule besuchen. Einerseits, um die biblischen Sprachen Griechisch, Hebräisch und Latein zu lernen und die Bibel im Original lesen zu können. Andererseits war es Luther wichtig, dass Schüler gute Rechtskenntnisse haben. Innere Sicherheit, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden waren aus Luthers Sicht für den Frieden von zentraler Bedeutung“, so Leps. Es gehe also darum, die hermeneutischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu fördern, im Unterrichtsfach Religion genauso wie etwa bei der politischen Bildung. Gerade in der Auseinandersetzung mit politischen Themen sei es notwendig, dass Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, mit Medien kompetent umzugehen, also etwa die Glaubwürdigkeit einzelner Nachrichten abwiegen zu können. Dazu komme aber auch das Wissen um Gesetze auf nationaler wie internationaler Ebene. „Die Kenntnis rechtlicher Texte war der Kern der politischen Bildung bei Luther“, sagte der Erziehungswissenschaftler.

Anhand eines Unterrichtsentwurfs zum Thema Bürgerkrieg in Libyen, der für das Fach Politische Bildung in Deutschland erstellt wurde, zeigte Leps auf, wie wichtig der kompetente Umgang mit Materialien sei, wie es bereits Luther forderte. „Für den Religionsunterricht kann das etwa bedeuten, dass man nicht über Themen spricht, ohne dass der Lehrer vorher die Schüler informiert hat, etwa durch Lesen des Katechismus.“ Scharfe Kritik übte Leps jedenfalls an Unterrichtseinheiten, die ohne jegliches Material auskommen, wie etwa der von ihm präsentierte Unterrichtsentwurf.

Für die politische Bildung in der Schule sei aus evangelischer Sicht wichtig, dass schulische Bildung Friedensbildung ist. Es gehe darum, „den Einzelnen unter dem Frieden Gottes zum friedlichen Leben in Gesellschaft und Staat zu erziehen“, meinte Leps. Darüber hinaus müsse die Schule auch zur hermeneutischen Bildung beitragen. Durch unterschiedliche Methoden und Materialien sollten Schüler lernen, das Evangelium von Jesus Christus zu verstehen, um dann Geschehnisse auf der Welt selbständig erfassen und deuten zu können. Auch hier sei es wichtig, dass Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit eröffnet wird, sich Kompetenz im Umgang mit Zeitung, Radio, Fernsehen und Internet anzueignen. „Schüler brauchen Medienkunde, die es ihnen ermöglicht, die Gehalte der Materialien, mit denen sie täglich eingedeckt werden, selbständig zu entschlüsseln“, betonte Leps.

Die Ringvorlesung „Reformation als Herausforderung für die Bildungslandschaft heute“ wird von mehreren Fakultäten der Universität Wien, von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems sowie der Evangelischen Kirche in Österreich veranstaltet. Weitere Informationen zur Ringvorlesung und alle weiteren Termine finden Sie hier.

ISSN 2222-2464

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