10.12.2020

Diakonie-Experte Riedl: Entsetzen über Lage in Flüchtlingscamp auf Lesbos

Protest der EU nötig – Lager soll evakuiert werden

Das Lager Kara Tepe auf Lesbos steht zu großen Teilen unter Wasser. Foto: Diakonie

Protest der EU nötig – Lager soll evakuiert werden

Lesbos/Wien (epdÖ) – Nach einem Lokalaugenschein auf Lesbos zeigt sich die Diakonie entsetzt von der Lage in dem provisorischen Flüchtlingscamp Kara Tepe, das nach dem Brand in Moria im September neu errichtet worden war. Zugleich wiederholt sie ihre Forderung, das Lager zu evakuieren, und politisch Stellung zu beziehen: „Das Drama hier spielt sich vor den Augen der EU Institutionen ab, die ständig vor Ort sind. Diese unwürdigen und lebensgefährlichen Lager müssen evakuiert werden und die Menschen in andere europäische Länder aufgenommen werden. Griechenland braucht sicherlich Unterstützung aber auch den klaren Hinweis, dass solche Zustände keinen Platz in der Europäischen Union haben“, sagt Diakonie-Asylexperte Christoph Riedl, der sich derzeit auf Lesbos befindet, in einer Aussendung.

In dem provisorischen Lager lebten zurzeit 7.500 Menschen. Sie seien nach dem Brand des Lagers Moria Mitte September dorthin übersiedelt worden. „Das Lager wurde nur als Übergangslösung nach dem Brand eingerichtet. Entsprechend ungeeignet sind die Zelte, in denen die Menschen hier leben müssen. Sie können Wind und Wetter in den Wintermonaten nicht ausreichend standhalten. Der Boden ist wie Beton, hart und kalt“, sagt Riedl. Es sei kalt, der Wind vom Meer her wehe stark, große Teile des Camps stünden unter Wasser. „Wenn die Kleidung einmal durchnässt ist, bleibt sie dauerhaft feucht. Die Kinder frieren, die Menschen sind unterkühlt und werden krank und täglich kränker. Es gibt bis jetzt keine ausreichende Essensversorgung, keine Duschen, die diese Bezeichnung verdienen und die hygienischen Umstände sind untragbar, Mütter mit Babys sind verzweifelt“, berichtet Riedl.

Wegen der Coronapandemie herrsche auch im Lager Lockdown. Nur wenige Menschen dürften das Camp verlassen. Nur NGOs, die eine Erlaubnis haben, dürfen ins Camp hinein, und versuchen, den Menschen zumindest eine Mahlzeit pro Tag zu bringen. „Warum fehlt es hier, 3 Monate nach dem Brand, noch immer an allem? Warum beauftragt Griechenland nicht die internationalen Hilfsorganisationen, die Menschen auf Lesbos unmittelbar mit dem Nötigsten auszustatten?“, fragt Riedl und vermisst den Einsatz der zahlreichen Hilfsgüter, die etwa auch aus Österreich geliefert wurden. Zugleich ruft er die EU zum Protest auf. „Allen voran Österreich“ dürfe es nicht zulassen, „dass Menschen mitten in Europa unter solch schrecklichen Bedingungen leben müssen“.

Eine Videobotschaft von Christoph Riedl aus Lesbos finden Sie auf: diakonie.at

ISSN 2222-2464

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