17.10.2013

Der christliche Glaube auf den Punkt gebracht

Symposium zu "450 Jahre Heidelberger Katechismus" in Wien

Dieses Exemplar vom Erstdruck des Heidelberger Katechismus befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek. Über die Geschichte und die Bedeutung dieses Dokuments sprachen Wissenschaftler bei einem Symposium in Wien. (Foto: epd/M.Uschmann)

Symposium zu „450 Jahre Heidelberger Katechismus“ in Wien

Wien (epdÖ) – „450 Jahre Heidelberger Katechismus“ war das Thema eines wissenschaftlichen Symposiums in Wien, zu dem Referenten und Gäste aus dem In- und Ausland begrüßt werden konnten. Die Veranstaltung am 16. Oktober beleuchtete das Dokument, das erstmals im Jahr 1563 publiziert wurde, aus unterschiedlichen Perspektiven und fragte nach dessen Relevanz für Christinnen und Christen heute.

„Der Heidelberger Katechismus ist einerseits der am weitesten verbreitete Katechismus in den reformierten Kirchen. Andererseits ist er im Konfirmandenunterricht kaum noch in Verwendung“, auf diese Ambivalenz wies der Wiener Systematische Theologe Ulrich Körtner in seiner Begrüßung hin. Zwar sei er auch heute noch als „Leitfaden des Christseins reformierter Prägung“ brauchbar, die historische Distanz zwischen der Zeit der Entstehung und der Gegenwart stelle uns aber vor erhebliche Herausforderungen. Körtner machte ebenfalls darauf aufmerksam, dass der Heidelberger Katechismus von der Intention her das befördern möchte, was wir heute als Ökumene bezeichnen.

Der Heidelberger Katechismus formuliere prägnant die reformierte Sicht des Christentums, betonte der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien Christian Danz. Auch wenn der Text von soziokulturellen Voraussetzungen ausgeht, die heute nicht mehr zutreffend seien, sei es wichtig, sich den Inhalt des Heidelberger Katechismus kritisch anzueignen. „Ich habe den Heidelberger Katechismus in letzter Zeit neu als Lebens- und Trostbuch für mich entdeckt“, sagte der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld. „Es finden sich Fragen darin, die uns noch heute zum Nachdenken bringen können.“ Ministerialrat Karl W. Schwarz erinnerte in seiner Begrüßung an die Entstehung des Heidelberger Katechismus aus rechtshistorischer Perspektive sowie daran, dass eine Erstausgabe in der Österreichischen Nationalbibliothek zu finden ist.

Der Heidelberger Katechismus will zum Verstehen der Bibel anleiten, erklärte der reformierte Theologe Matthias Freudenberg (Saarbrücken) in seinem Vortrag. Der Text, der aus 129 Fragen und Antworten besteht und somit dialogisch formuliert ist, wolle Trost spenden und gleichzeitig Glaubenswissen vermitteln. „Die erste Frage des Katechismus, die Frage nach dem Trost, setzt voraus, dass es diesen Trost auch wirklich gibt“, so Freudenberg. Insofern möchte das Dokument Kraft geben zu einem Leben in der Geborgenheit, ohne die Augen vor dem Elend des Menschen zu verschließen. Der Heidelberger Katechismus gehe aber auch davon aus, „dass es von Gott etwas zu denken und etwas zu verstehen gibt“, unterstrich Freudenberg. „Der Katechismus will Hilfestellung sein, um den Glauben auch verstehen zu können.“ Dieser Glaube, der in Jesus Christus begründet ist, sei angstfrei und tröstlich. „Der Heidelberger Katechismus behauptet Gottes Existenz nicht, er erzählt von der erfahrbaren Existenz Gottes, er erzählt von Gottes erfahrbarer Präsenz her.“

Aus ihrer Praxis als Krankenhausseelsorgerin berichtete die Praktische Theologin Brigitte Schroven (Nordhorn) in ihrem Vortrag. Der Heidelberger Katechismus sei für ihre seelsorgerliche Arbeit eine gute und nützliche Ressource, auch wenn heute nicht mehr viele Menschen damit etwas anzufangen wüssten. Der Heidelberger Katechismus frage nach dem, was Menschen Halt und Gewissheit im Leben und im Sterben gebe, er stelle die Frage nach dem Trost. „Unter Trost verstehen wir eine seelische Hilfe, die es ermöglicht, ins Gleichgewicht zu kommen und vertrauensvoll nach vorne zu blicken“, so Schroven. Das Bedürfnis nach Trost, besonders bei kranken Menschen, sei legitim. Das Trösten selbst werde von vielen Menschen als selbstverständliche Aufgabe wahrgenommen. Biblische Texte, Lieder aus dem Gesangbuch oder eben auch Fragen aus dem Heidelberger Katechismus könnten Menschen Trost spenden, weiß Schroven aus ihrer beruflichen Praxis. „Dabei geht es aber nicht um Trostpflaster, die den Schmerz oft noch schlimmer machen. Es geht um den wahren Trost, den man sich nicht selbst geben kann, sondern den wir Menschen nur von außen empfangen können. Von diesem Trost spricht der Heidelberger Katechismus.“ Es gehe um Trösten, nicht um Vertrösten. Bereits in der Bibel spiele dieses Motiv eine wichtige Rolle, etwa beim Propheten Jesaja oder im Buch Hiob. „Trost im Alten Testament meint Aufatmen, es hat somit etwas Befreiendes.“ Besonders die erste Frage des Katechismus, die Frage nach dem einzigen Trost im Leben und im Sterben, habe ihr in ihrem Alltag im Krankenhaus schon oft geholfen.

Über die Entstehungsgeschichte des Heidelberger Katechismus referierte der Kirchenhistoriker Johannes Ehmann (Heidelberg). Er zeigte auf, dass der Streit rund um das Verständnis des Abendmahls auch im Katechismus Niederschlag fand und durch diesen nicht beendet werden konnte. Nichtsdestotrotz hatte der Heidelberger Katechismus eine mächtige Wirkungsgeschichte, gerade auch für Flüchtlinge, die aus religiösen Gründen Europa verlassen mussten, habe es sich doch um ein wichtiges Glaubensbuch gehandelt. „Heute ist der Heidelberger Katechismus weltweit Grundlage des Reformiertentums.“ Bereits im 17. Jahrhundert hätte es in England die Überzeugung gegeben: „Unsere Brüder auf dem Festland haben ein Büchlein, dessen Blätter nicht mit Tonnen Gold zu bezahlen sind.“

In der anschließenden Diskussion waren sich Referenten und Gäste darüber einig, dass sich der Heidelberger Katechismus trotz seines Alters für den Unterricht und die kirchliche Praxis eigne. Er wäre wirksames Mittel gegen eine Trivialisierung des Christentums, weil er zentrale Glaubensinhalte präzise auf den Punkt brächte.

Das wissenschaftliche Symposium wurde von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich veranstaltet.

ISSN 2222-2464

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