20.04.2022

„Danke Dora!“ – Theolog*innen fordern mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität

Erinnerung an erste ordinierte Frau in der Evangelischen Kirche in Österreich

Unter dem Motto "Danke Dora!" erinnern Theolog*innen an die erste ordinierte Frau in der Evangelischen Kirche und fordern mehr Geschlechtergerechtigkeit ein. Im Bild (v.l.) Melanie Binder (ARGE Theologinnen), Iris Haidvogel (VEPPÖ), Birgit Meindl-Dröthandl (VEPPÖ und ARGE Theologinnen), Elke Kunert (ARGE Theologinnen) und Karoline Rumpler (ARGE Theologinnen).

Erinnerung an erste ordinierte Frau in der Evangelischen Kirche in Österreich

Wien (epdÖ) – Forderungen nach mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in der Evangelischen Kirche kommen von einer Arbeitsgruppe, der Vertreter*innen des Vereins evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Österreich (VEPPÖ) sowie der ARGE (Arbeitsgemeinschaft) Theologinnen angehören. Unter dem Motto „Danke, Dora“ haben die Theolog*innen am Ostersonntag ein siebenseitiges „Manifest“ veröffentlicht, das an Dr.in Dora Winkler-Herrmann erinnert, die erste ordinierte Frau in der Evangelischen Kirche in Österreich. Winkler-Hermann (1910-1983) promovierte 1937 als erste Frau an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien ohne Aussicht, in den Pfarrberuf übernommen zu werden. 1945 wird sie gegen alle damaligen Einschränkungen ordiniert und wirkte dann aufgrund des herrschenden Pfarrermangels als Pfarrerin in Kufstein, bis sie von der Kirchenleitung 1947 gezwungen wurde, ihr Amt niederzulegen. Erst 1967 wurde ihre Ordination anerkannt, die vollständige rechtliche Gleichstellung von Frauen im geistlichen Amt erfolgte jedoch erst durch die Generalsynode im Jahr 1980.

„Doras Geschichte steht symbolisch für all jene Frauen, deren Arbeit nicht mit dem nötigen Dank, der angemessenen Position und der würdigen Entlohnung honoriert wurde und wird“, heißt es in einer Presseaussendung der Arbeitsgruppe hinter dem Manifest. Auch wenn die Gleichstellung von Frauen in der Evangelischen Kirche biblisch-theologisch begründet sei und diese auch juristisch umgesetzt wurde, scheine die Wahl von Frauen in kirchenleitende Ämter „nicht hinreichend möglich“, so der Befund der Arbeitsgruppe. „In rechtlicher Hinsicht ist viel erreicht worden, aber noch längst nicht genug um die selbstverständliche Teilhabe von Pfarrerinnen auf allen Ebenen unserer Kirche zu erleben“, sagt Pfarrerin Birgit Meindl-Dröthandl vom Leitungsteam der ARGE Theologinnen.

Konkret fordern die Autor*innen daher eine „aktive Reflexion unbewusster Vorurteile und einen Abbau stereotyper Rollenbilder“, mehr Transparenz bei Ausschreibungen und Wahlen ebenso wie ein „klares Anforderungsprofil für Leitungsämter und ein Überdenken der Abläufe bei Wahlen mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit“. Es brauche einen „aktiven Systemwechsel“, Diversität müsse „wesentlicher Bestandteil“ der kirchlichen Identität werden, und dementsprechend Personen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Herkunft in den Gremien repräsentiert sein. Gleichzeitig sollen „sichtbare und messbare“ Ziele im Bereich der Diversität und Geschlechtergerechtigkeit vorgegeben werden.

„Frauen kandidieren, aber sie werden nicht gewählt“, kritisiert VEPPÖ Obmann Stefan Schumann, das zeige sich auch daran, dass alle Leitungsämter auf der Ebene des Bischofs bzw. der Superintendenten derzeit durch Männer besetzt seien. Fehlende Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen wird in dem Manifest ebenso angeprangert wie Sexismus oder der Mangel an Rollenbildern von Frauen in Leitungspositionen. Frauen erhielten erst gar nicht die Chance ihre Leitungsfähigkeit zu beweisen, so die Autor*innen des Manifests. Durch unbewusste Vorurteile und Angst vor Veränderung würden Wahlberechtigte zudem dazu neigen, sich an katholischen Repräsentanten und der Politik im Allgemeinen zu orientieren.

Bei den Forderungen alleine soll es nicht bleiben, „wir verpflichten uns auch selbst an der Dekonstruktion dieses ungerechten und unzeitgemäßen Systems mitzuarbeiten“, sagt die stellvertretende VEPPÖ-Obfrau Iris Haidvogel. Die Veröffentlichung des Manifests unter dankedora.at sei Basis für eine weitere Bewegung mit dem Ziel einer stärkeren Geschlechtergerechtigkeit, so Haidvogel.

Diese Aktion schließt sich an verstärkte Bemühungen der Synode und des Bischofs an, um eine geschlechtergerechte Leitungskultur in der Evangelischen Kirche zu stärken. So wurde etwa auf der letzten Synode eine Arbeitsgruppe zur geschlechtergerechten Leitungskultur installiert, der auch Proponent*innen der Initiative „Danke Dora!“ angehören. Einen Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit leistet auch das aktuelle Heft der von Bischof Michael Chalupka herausgegebenen theologischen Zeitschrift „auge – Amt und Gemeinde“, in dem Proponentinnen zu Wort kommen und kirchenleitende Frauen aus ihren Erfahrungen berichten.

ISSN 2222-2464

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