11.09.2009

Chalupka: Mindestsicherung weckt falsche Erwartungen

Landau: Armut ist Realität in Österreich - Diakonie und Caritas kritisieren neue Mindestsicherung

Landau: Armut ist Realität in Österreich – Diakonie und Caritas kritisieren neue Mindestsicherung

Wien (epd Ö) – „Mit der so genannten Mindestsicherung werden völlig falsche Erwartungen geweckt“, sagte der Direktor der Diakonie Österreich, Michael Chalupka, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Caritas am Freitag, 11. September, im Caritaslager „carla“ in Wien. Die neue Mindestsicherung sei im Wesentlichen die alte Sozialhilfe: „Es wird weiter neun verschiedene Standards geben, in den meisten Punkten bleibt die Ausgestaltung zentraler Elemente den Landesgesetzgebern überlassen.“ Das führe die strukturellen Fehler des alten Systems weiter. Ausgangspunkt der Sozialhilfereform sei es gewesen, den „Föderalismus-Dschungel“ zu überwinden und das untere soziale Netz „existenzsichernd, grundrechtsorientiert und bürgerfreundlich zu gestalten“. Ein weiterer Ausgangspunkt sei ein Verbesserungsangebot gewesen: „Jetzt müssen wir auf Druck des Finanzministers ein Verschlechterungsverbot diskutieren.“
„Armut ist in Österreich ein Stück Realität“, sagte Michael Landau, Direktor der Caritas der Erzdiözese Wien. „Eine Million Menschen in Österreich leben an der Armutsgrenze.“ Armut habe immer ein Gesicht, und meist sei es das Gesicht eines Kindes oder einer Frau. Alle diese Menschen würden von der Bundesregierung unter den „Generalverdacht“ gestellt, nicht arbeitswillig und faul zu sein und sich mit Einführung der Mindestsicherung in die viel zitierte soziale Hängematte zu legen. Die Realität der Menschen, die sich täglich an die Diakonie oder Caritas wenden, sehe aber ganz anders aus: „Ich halte es für menschenunwürdig, dass einem Drittel dieser Menschen nach Abzug aller Fixkosten weniger als vier Euro täglich zur Verfügung stehen.“ So müssten die Zahlenspiele rund um die Mindestsicherung endlich ein Ende haben: „Es ist völlig egal, ob die Mindestsicherung 12-mal oder 14-mal jährlich ausgezahlt wird, wichtig ist, was unterm Strich herauskommt. Das muss zum Leben reichen.“

Appell an Faymann und Pröll

Landau und Chalupka haben an Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll appelliert, ihre Verantwortung gegenüber den von Armut betroffenen Menschen wahrzunehmen und fordern „eindringlich“, in der kommenden Regierungsklausur die Kürzungen der Mindestsicherung von rund 15 Prozent zurückzunehmen.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.