21.09.2008

Busek: Theologie soll die Universalität des europäischen Erbes aktivieren

Auf dem Festakt zur Eröffnung des XIII. Europäischen Kongresses für Theologie in Wien forderte der ehemalige Vizekanzler die ChristInnen auf, mit Hilfe des christlichen Weltverständnisses ein neues Netz von Kommunikation aufzubauen

Auf dem Festakt zur Eröffnung des XIII. Europäischen Kongresses für Theologie in Wien forderte der ehemalige Vizekanzler die ChristInnen auf, mit Hilfe des christlichen Weltverständnisses ein neues Netz von Kommunikation aufzubauen

Wien (epd Ö) „Teilnahme an Europa verlangt von uns, dass wir das europäische Erbe aktivieren, in aller seiner Ambivalenz, mit allen Errungenschaften und Katastrophen; denn wir haben immer wieder sowohl am Aufbau als auch an der Selbstzerstörung dieses Kontinents mitgewirkt.“ Das forderte der Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Dr. Erhard Busek, in seinem Festvortrag zur Eröffnung des XIII. Europäischen Kongresses für Theologie am 21. September im nahezu vollbesetzten Großen Festsaal der Universität Wien. Vor zahlreichen TeilnehmerInnen und Ehrengästen aus Wissenschaft, Kirche und Politik, darunter Bischof Dr. Michael Bünker, sagte Busek, der „schmerzvolle Säkularisierungsprozess“ habe dazu geführt, dass Religion nicht mehr allgemein anerkannt werde. Dennoch gelte: „Christen dürfen davor nicht weichen, sondern müssen versuchen, mit Hilfe der Kultur und eines kulturellen Lebens der Werte des Evangeliums und christlichen Weltverständnisses ein neues Netz von Kommunikation aufzubauen.“ Als Helfer könnten Begriffe wie Nächstenliebe, Toleranz und Humanität herangezogen werden.

Busek betonte: „Wir haben Chancen und Zukunft in Europa, wenn wir vor lauter Technokratie und Institutionen, Verkehrslösungen und Infrastruktur nicht den Geist vergessen – den Geist, der lebendig macht; denn der Buchstabe tötet, unterweist uns die Bibel.“

Die Berechtigung der theologischen Fakultäten

In seinem Vortrag zum Thema „Kommunikation über Grenzen – Erfahrungen und Erwartungern“ erklärte der ehemalige österreichische Bundesminister und Vizekanzler: „Die Welt der Information vermittelt uns Kenntnis von allem in der ganzen Welt, dennoch müssen wir erleben, dass es nicht einen Neonationalismus, sondern jenen alten hässlichen Nationalismus gibt, der jetzt aus dem Eiskasten des Kommunismus, aber auch aus unserer Tradition, genommen wird und seine Kräfte im Osten Europas in zeitlich verschobenem Ablauf auslebt.“ Deswegen müsse es nicht den „Clash of civilisations“ geben, wie ihn Sam Huntington voraussage, vielmehr sei eine Begegnung der verschiedenen Kulturen dieser Welt möglich, „vor allem, wenn wir wissen, wer wir selber sind“.

Busek fragte: „Wer ist denn von der Gründung her schon prädisponiert, sich um jene Universalität zu bemühen, wenn nicht die Theologie?“ Hier liege auch die Begründung für die Berechtigung der Theologischen Fakultäten. Wie lange diese Begründung noch vorhalte, zog der Redner allerdings in Zweifel, „wenn diese Aufgabe nicht angegangen wird“. Es bestünden zahlreiche „Spannungsverhältnisse“.

In diesem Zusammenhang nannte Busek als „wichtiges Problem“ des liberalen Verfassungsstaates, dass er die Werte, von denen er lebe, nicht selbst hervorbringen könne. Der Staat sei also „in der säkularisierten Gesellschaft darauf angewiesen, dass die freien gesellschaftlichen Kräfte und religiösen Institutionen diese Werte vermitteln und festigen: Ehrlichkeit, Nächstenliebe und Fremdenliebe, Solidarität mit den Schwachen, Altruismus“.

Religion ist nicht Privatsache

Busek wandte sich auch gegen das „unbedachte Schlagwort“ „Religion ist Privatsache“. Zwar sei Religion eine „höchst persönliche Sache“ und müsse selbstverständlich ganz im Zeichen von persönlicher Autonomie und Freiheit stehen. Wer aber wirklich eine Glaubensüberzeugung habe, „der sucht Menschen, die diese Überzeugung teilen, also Gemeinschaft. Und überdies will jede gemeinsame Glaubensüberzeugung auch öffentlich werden.“ Diese Öffentlichkeit, so der Festredner, liege auch im Interesse eines religiös neutralen Staates, Geheimreligionen und „obskurantistische Privat-Sakralien“ seien gefährlich.

Rektor Winckler: „Die Universität Wien will nicht ohne Theologie sein“

In seinem Grußwort bekräftigte der Rektor der Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. Georg Winckler: „Die Universität Wien will nicht ohne Theologie sein.“ Grußworte sprachen auch der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Univ.-Prof. DDr. James Alfred Loader, Ministerialrat Dr. Johann Popelak für das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sowie der Vorsitzende der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie, Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schweitzer, der den Kongress eröffnete. Die Eröffnungsveranstaltung wurde moderiert vom Stellvertretenden Vorsitzenden der Gesellschaft, Univ.-Prof. Dr. Christoph Schwöbel.

Der XIII. Europäische Kongress für Theologie hat das Gesamtthema „Kommunikation über Grenzen“ und findet vom 21. bis 25. September in den Hörsälen des Hauptgebäudes der Universität Wien statt. Er wird veranstaltet von der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (Berlin) und der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

ISSN 2222-2464

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