30.10.2008

Bundespräsident Fischer: Die Republik Österreich und das verbrecherische NS-System verhalten sich zueinander „wie Feuer und Wasser“

Auf dem Reformationsempfang der evangelischen Kirchen wurde des österreichischen Widerstandskämpfers Robert Bernardis gedacht Hinweis: Honorarfreie Fotos auf foto.evang.at

Auf dem Reformationsempfang der evangelischen Kirchen wurde des österreichischen Widerstandskämpfers Robert Bernardis gedacht Hinweis: Honorarfreie Fotos auf foto.evang.at

Wien (epd Ö) „Dankbar, dass die Evangelischen Kirchen in dieser Feierstunde ihres Mitglieds Robert Bernardis gedenken“ äußerte sich Bundespräsident Dr. Heinz Fischer in einem Grußwort beim Empfang zum Reformationsfest der Evangelischen Kirchen in Österreich am 30. Oktober in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Bei dem Festakt, in dessen Verlauf des 100. Geburtstages des evangelischen Oberstleutnants i.G. Robert Bernardis gedacht wurde, der als einziger österreichischer Offizier am Staatsstreich gegen Adolf Hitler beteiligt war und hingerichtet wurde, sagte Fischer, er betrachte die Ehrung „als eine wichtige und in die Zukunft gerichtete Geste des Respekts vor dem militärischen Widerstand und vor der Gewissensentscheidung, die ihr zugrunde liegt“.

Der Umgang mit dem militärischen Widerstand, die Frage der Relevanz des Fahneneides im so genannten Dritten Reich sowie die Problematik der Desertion aus der Hitlerarmee würden immer wieder als heikle Fragen empfunden. Der Bundespräsident erklärte dazu: „Meine Antwort lautet: Die NS-Diktatur unter Adolf Hitler war ein auf einer unmenschlichen Ideologie aufgebautes verbrecherisches Regime. Und der Widerstand gegen dieses Regime war ehrenhaft – auch und gerade, weil dieser Widerstand rücksichtslos mit dem Tode bedroht wurde und in vielen Fällen auch tatsächlich mit dem Leben bezahlt werden musste.“

Fischer unterstrich, die im April 1945 von Männern und Frauen, die teilweise selbst aus dem Widerstand oder direkt aus den Konzentrationslagern gekommen seien, wieder errichtete demokratische Republik Österreich und das verbrecherische NS-System verhielten sich zueinander „wie Feuer und Wasser“. Der Bundespräsident: „Unser demokratisches Gemeinwesen unter der rotweißroten Fahne ist das absolute Gegenteil zum totalitären NS-Staat unter dem Hakenkreuz.“

Im Blick auf die Evangelische Kirche A.B., die Evangelische Kirche H.B. und die Evangelisch-methodistische Kirche, die erstmals gemeinsam zum Reformationsempfang geladen hatten, sagte Fischer: „Auch Ihre Kirche stellt sich so auf die Seite von Humanismus und Menschenrechten. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Gewissensbildung in unserem Land.“

Landessuperintendent Hennefeld: Berufung auf das Gewissen ist „urprotestantische Tugend“

Der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld sagte bei der Vorstellung des im Evangelischen Presseverband neu erschienen Buches „Robert Bernardis – Österreichs Stauffenberg zum ehrenden Gedenken anlässlich seines 100. Geburtsjubiläums“, der Offizier sei dem unüberhörbaren Ruf des Gewissens gefolgt. Die Berufung auf das Gewissen sei eine „urprotestantische Tugend“. Ein besonderer theologischer Beitrag der reformierten Tradition dazu sei die Entwicklung eines Widerstandsrechts bis hin zum Tyrannenmord.

Hennefeld erklärte, das Buch verstehe sich als Beitrag der Evangelischen Kirchen Österreichs zum Gedenkjahr 2008. Die Evangelischen Kirchen hätten im Blick auf ihre Geschichte im Nationalsozialismus „viel aufzuarbeiten“. Bernardis selbst sei kein „Mann der Kirche“, sondern ein „Durchschnittschrist“ gewesen, der zunächst mit dem Nationalsozialismus konform gegangen sei. Das Gedenken an ihn bedeute für die Evangelischen Kirchen „Anregung und Ermutigung, wie wir sicherer Schritte in die Zukunft gehen, auf die Stimme unseres Gewissens achten und konsequent danach handeln können“.

Oberstleutnant i.G. Robert Bernardis, der in Innsbruck geboren und evangelisch getauft wurde, war beteiligt an Planungs- und Vorbereitungsarbeiten sowie an der Organisation des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944. Möglicherweise hat er auch die Bombe für das Attentat auf Hitler hergestellt. Er wurde am 8. August 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Seine Witwe Hermine Bernardis lebt in Linz, wo seit 1994 eine Straße nach ihm benannt ist. Bei dem Empfang in der Wiener Akademie der Wissenschaften begrüßte Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner die Enkelin von Bernardis, Ingeborg Heidelberger.

(Robert Bernardis, ISBN 978-3-85073-314-4, 54 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 9,80 Euro, erhältlich im Evangelischen Presseverband, Tel.: 01 712 54 61, rci@rinat.ng)

ISSN 2222-2464

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