Bünker: Versöhnung darf nicht Lippenbekenntnis bleiben
Delegation der Mennoniten besuchte lutherische Synode - Einstimmige Bitte um Vergebung
Delegation der Mennoniten besuchte lutherische Synode – Einstimmige Bitte um Vergebung
Wien (epd Ö) – „Es steht Versöhnungsarbeit an, damit die Versöhnung nicht ein reines Lippenbekenntnis bleibt“, sagte Bischof Michael Bünker am Dienstag, 26. Oktober, vor der evangelisch-lutherischen Synode in Wien. Erstmals hatte eine Delegation der Mennonitischen Freikirche die Synode besucht. Hintergrund ist die historische Versöhnung: Der Lutherische Weltbund (LWB) hatte sich im Juli in Stuttgart offiziell für die jahrhundertelange Verfolgung der Mennoniten entschuldigt. „Es muss deutlich gesagt werden, wir haben Schuld auf uns geladen und es ist jetzt an uns, mit gegenseitigem Respekt für ein gutes Miteinander einzutreten“, so der Bischof. Er sei zuversichtlich, dass die Evangelische Kirche A.B. in Österreich Zeichen setzen werde für ein „gelebtes Miteinander im Dienst an Jesus Christus und im Dienst an seinem Wort und der Welt“. Bünker zeigte sich erfreut über die persönliche Begegnung und sagte: „Wir freuen uns, dass es in Österreich Mennoniten gibt.“ Zuvor hatte der mennonitische Pastor Johann Schoor eine Grußbotschaft an die Synode gerichtet. Darin hieß es unter anderem, dass die Lutheraner und die Mennoniten „so etwas wie die Sehnsucht nach geistlicher Erweckung“ verbinde. Schoor zeigte sich beeindruckt, dass der Lutherische Weltbund die Versöhnung mit der Mennonitischen Kirche ausgesprochen hat: „Wir sind als Mennonitische Freikirche in Österreich dem Lutherischen Weltbund dankbar für diese Aktion.“ Schoor äußerte die Hoffnung, „dass wir zusammen noch viele Jahre des fruchtbaren Zusammenwirkens zum Wohl unseres Landes erleben dürfen, ob in der Evangelisation, in der Diakonie oder auch ganz einfach in Gemeinschaft und Gebet.“
Müller: LWB-Vollversammlung mit starker geistlicher Komponente
Vor der Synode berichtete Superintendentin Luise Müller von der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes. Müller war gemeinsam mit Valentin Lein als Delegierte der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, Michael Bubik als Berater mit in die schwäbische Metropole gefahren. Thema der Vollversammlung war „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Am meisten beeindruckt zeigte sich Müller neben der „sehr starken geistlichen Komponente der Versammlung“ von der Versöhnung der lutherischen Kirchen mit den Mennoniten: „Als der Antrag gestellt war und die Delegierten abstimmen sollten, sollte Zustimmung mit Niederknien und Ablehnung mit Aufstehen gezeigt werden. Das war sehr bewegend, die Vollversammlung dann auf den Knien zu sehen“, so Müller.
„Im Vertrauen auf Gott bitten wir um Vergebung“
Die Synode hat im Anschluss an die Berichte einstimmig den Antrag von Müller angenommen, sich den Entscheidungen der 11. Vollversammlung zum lutherischen Erbe der Verfolgung der Anabaptisten anzuschließen und im Bereich der Lutherischen Kirche umzusetzen. In dem Beschluss des LWB heißt es unter anderem: „Im Vertrauen auf Gott, der in Jesus Christus die Welt mit sich versöhnte, bitten wir Gott und unsere mennonitischen Schwestern und Brüder um Vergebung für das Leiden, das unsere Vorfahren im 16. Jahrhundert den Täufern zugefügt haben.“ Weiter heißt es, dass sich der LWB verpflichtet, „unsere Kirchen anzuspornen, Wege zu suchen, um die Beziehungen zu mennonitischen Gemeinden fortzuführen und zu vertiefen, durch gemeinsame Gottesdienste und Bibelstudien, durch gemeinsames humanitäres Engagement und durch gemeinsame Arbeit für den Frieden“.
Die kleine Freikirche der Mennoniten ist der Hauptzweig der Nachfahren der christlichen Täuferbewegung. Weltweit hat die Freikirche der Mennoniten nach eigenen Angaben heute mehr als eine Million Mitglieder, viele leben in den USA und Kanada. In Europa gibt es rund 62.000 mennonitische Christen, in Deutschland mehr als 30.000. Die Mennoniten erinnern mit ihrem Namen an den niederländisch-friesischen Theologen Menno Simons (um 1496-1561).
Hinweis: Fotos von der Synode finden Sie unter foto.evang.at/
ISSN 2222-2464