09.07.2010

Bünker: Theologische Kompetenz zentral für christliches Zeugnis

Dritte Europäische Theologische Konsultation des "Grazer Prozesses" - Miklas: Theologie nicht bloß "Zulieferunternehmen" für Kirchen

Dritte Europäische Theologische Konsultation des „Grazer Prozesses“ – Miklas: Theologie nicht bloß „Zulieferunternehmen“ für Kirchen

Graz (epdÖ) Die Notwendigkeit einer fundierten theologischen Ausbildung zur glaubhaften christlichen Zeugnisgabe betonte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker am Donnerstag, 8. Juli, in Graz. Bünker referierte im Rahmen der Dritten Europäischen Theologischen Konsultation, die von 8. bis 9. Juli Delegierte der theologischen Fakultäten aus 20 europäischen Ländern in Graz zu einer gemeinsamen Tagung zusammenführte. Die Tagung, die im Kontext des sogenannten „Grazer Prozesses“ stand, trug den Titel „Gefährdet oder gefragt? Die akademische Theologie zwischen Bildung, Wissenschaft und Forschung“. Hauptreferent war der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann. Einen Impulsvortrag hielt außerdem der gastgebende Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari. Der steirische evangelische Superintendent Hermann Miklas unterstrich in seinem Grußwort die Notwendigkeit des interdisziplinären Dialogs, in dem der Theologie die Rolle eines „kritischen Gegenübers“ zukomme.

Wie Bischof Bünker in seinem Vortrag betonte, müsse akademische protestantische Theologie drei Aufgaben erfüllen: Sie müsse theologische Kompetenz in den Kerndisziplinen protestantischen Glaubens vermitteln; sie müsse weiters kommunikative Kompetenz vermitteln, insofern sich der Glaube in einer Form kommunikativer Praxis erweise; schließlich müsse akademische Theologie heute auch neu ihre konfessionellen Wurzeln in den Blick nehmen, so Bünker: „Die religiöse Vielfalt verlangt von Theologen heute sowohl die Fähigkeit, interkulturell und interkonfessionell zu agieren und zu argumentieren. Dies verlangt Sensibilität und Respekt, es bedeutet jedoch nicht, den eigenen konfessionellen Hintergrund zu missachten.“ Wissenschaft und konfessionelle Verwurzelung würden einander ergänzen.

Schließlich unterstrich Bünker die innere Verwiesenheit von Kirche und Theologie sowie die bleibende Einheit der Theologie. Trotz ihrer hochgradig ausdifferenzierten Fächervielfalt, die von intensiven exegetischen Studien bis hin zu systematischen Reflexionen über den Glauben in der modernen Welt reicht, bilde die Theologie in ihrem Kern eine Einheit.

Besondere Bedeutung erlange die akademische Theologie laut Bünker gerade für die Fortentwicklung der Amtsfrage, die auch im ökumenischen Gespräch eine zentrale Problemstellung darstelle. So verwies Bünker auf ein aktuelles theologisches Papier der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) unter dem Titel „Amt, Ordination und Episkope nach evangelischem Verständnis“.

Universitäre Theologe sei nicht bloß „Zulieferunternehmen“ für die Kirchen, vielmehr zähle das interdisziplinäre Gespräch zu ihren „vornehmsten Aufgaben“, sagte Superintendent Hermann Miklas in Graz. Da trete die Theologie nicht als „Wissende“ oder gar „Belehrende“ auf, sondern vielmehr als „aufmerksames, kritisches Gegenüber“. Ohne jede Scheuklappen müsse sich Theologie auf die Fragen der Zeit einlassen, der offene Diskurs bewahre sie davor, „sich in den Elfenbeinturm einer abgehobenen, abstrakten Wahrheitsfindung zurückzuziehen“. Miklas hob die doppelte Verankerung der Theologie hervor: Einerseits fuße sie im „Ideal der universitären Wissenschaftlichkeit“, die „uneingeschränkte Freiheit des Denkens zur Voraussetzung hat“, andererseits sei sie im Evangelium von Jesus Christus verankert. Dieses Spannungsfeld müsse „in permanenter Balance“ gehalten werden, so der Superintendent.

Die Tagung in Graz war eingebettet in den sogenannten „Grazer Prozess“: Bereits in den Jahren 2002 und 2006 fanden im Rahmen dieses Prozesses zwei internationale Konsultationen dieser Art statt – organisiert von der Konferenz Europäischer Kirchen zusammen mit der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz. Der „Grazer Prozess“ versteht sich als ökumenische Plattform zum theologischen Austausch auf universitärem Level. Sein Ziel ist die Schaffung einer Ökumenischen Konferenz Europäischer Fakultäten.

ISSN 2222-2464

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