28.12.2011

Bünker: Kluft zwischen Armen und Reichen wird immer größer

Der evangelisch-lutherische Bischof über Ökumene, den interreligiösen Dialog und die politischen Entwicklungen

Bischof Michael Bünker spricht sich für Investitionen ins Bildungssystem als Mittel zur Armutsbekämpfung aus.

Der evangelisch-lutherische Bischof über Ökumene, den interreligiösen Dialog und die politischen Entwicklungen

Wien (epdÖ) – Die Zulassung von Nicht-Katholiken zur Eucharistie, Investitionen in Bildung sowie eine deutlichere Besteuerung von Vermögenszuwächsen und Erbschaften wünscht sich der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst und der ökumenischen Radioagentur „Studio Omega“ zu Jahresende.

Die Kirchen müssten dafür eintreten, dass „die Folgen der Krise und die Kosten ihrer Bewältigung nicht auf den Schultern derjenigen abgeladen werden, die ohnedies schon zu wenig haben und die vor allem auch nicht diese Krise verursacht haben“, mahnt Bischof Bünker. Die Kluft zwischen Armen und Reichen werde immer größer, die Einkommensunterschiede würden zeigen, dass „da sicherlich etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist“. Bünker spricht sich dafür aus, etwa Vermögenszuwächse und Erbschaften ab einer bestimmten Höhe stärker zu besteuern. Gleichzeitig erinnert er daran, dass Investitionen, vor allem ins Bildungssystem, wirksam gegen das Entstehen von Armut seien. „Hier zu sparen ist auch aus sozialen Gründen der falsche Weg. Hierzu dürfen Kirchen nicht schweigen. Das tun sie auch nicht!“ Bünker weist in diesem Zusammenhang auch auf das Ökumenische Sozialwort der Kirchen aus dem Jahr 2003 hin, dessen Stellungnahme zu Armutsbekämpfung und Steuergerechtigkeit auch heute noch aktuell sei.

Scharfe Kritik übt der Bischof, der zugleich auch Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist, an der Streichung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit seitens der Bundesregierung. Mit der Gründung der Organisation „Brot für die Welt“ im vergangenen Herbst möchten die Evangelischen Kirchen „etwas gegen den Hunger in der Welt unternehmen“. Problematisch ist aus Sicht Bünkers auch das österreichische Fremden- und Asylrecht. Immer wieder würden Fälle von Kindern bekannt, die in Schubhaft landen oder abgeschoben werden, immer wieder würden integrierte Familien zur Ausreise gezwungen.

Angesichts der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen Mitte Jänner wünscht sich Bischof Bünker die Zulassung von Nicht-Katholiken zur Eucharistiefeier. Dies sei besonders für gemischt-konfessionelle Ehepaare wichtig. Vom Modell der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa könnten auch andere Kirchen lernen, wie eine Kirchengemeinschaft aussehen kann, ist Bünker überzeugt. „Es ist ein realisierbares Modell, kirchliche Einheit ein Stück weit voranzubringen. Sicher noch kein Ziel, aber ein wichtiger Schritt dorthin.“

Dialog mit Islam und Judentum

Einschränkungen der Religionsfreiheit gegenüber Christinnen und Christen in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens dürfen nicht zu einer Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen in Österreich führen, betont der Bischof im Gespräch. Vielmehr sollten „uns diese Erfahrungen ermutigen, auf unseren freiheitlichen, demokratischen und weltanschaulich neutralen Staat stolz zu sein und uns für die Einhaltung der Menschenrechte starkzumachen“. Dies schließe ein, dass die Evangelischen Kirchen in Österreich für die Errichtung von Kirchen und Pfarrgemeinden in dieser Region eintreten, aber auch für soziale Verhältnisse, die es den Menschen ermöglichen, dort bleiben zu können. Mit der Orientierungshilfe „Evangelische Christen und Muslime in Österreich“, die am Nationalfeiertag von der Generalsynode A. und H.B. in Österreich verabschiedet wurde, soll den Islambeauftragten der Kirche und in den Gemeinden der Dialog mit muslimischen MitbürgerInnen erleichtert und eine grundlegende Linie, wie dieser Dialog aus evangelischer Sicht aussehen kann, mitgegeben werden.

Einen partnerschaftlichen Austausch zwischen Judentum und Christentum gebe es immer dort, wo ein gemeinsames Auftreten nötig sei, etwa am 27. Jänner, dem Gedenktag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Dass ausgerechnet an diesem Tag der Wiener Korporationsball stattfindet, stoße bei Vertretern des Mauthausen-Komitees, aber auch bei der Israelitischen Kultusgemeinde und den Evangelischen Kirchen auf heftige Kritik, so Bünker.

ISSN 2222-2464

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