24.12.2012

Bünker: Keine Risikogeschäfte für öffentliche Hand

Bischof will nach Salzburger Skandal "Grenze ziehen" - Kritik an Volksbefragung - Rüge für Länder im Asylwesen - Für Beibehaltung des Religionsunterrichts

Mit öffentlichem Geld sollte nicht spekuliert werden, meint der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker im Interview mit der APA. (Foto: epd/Uschmann)

Bischof will nach Salzburger Skandal „Grenze ziehen“ – Kritik an Volksbefragung – Rüge für Länder im Asylwesen – Für Beibehaltung des Religionsunterrichts

Wien/Salzburg (APA/epdÖ) – Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker fordert angesichts des Salzburger Finanzskandals ein Verbot von Risikogeschäften für die öffentliche Hand. „In allen Bereichen, die das Gemeinwohl betreffen, muss man eine Grenze ziehen“, sagte er im Weihnachtsinterview mit der APA. Kritik übte er an der Volksbefragung zur Wehrpflicht, im Asylwesen rügte er die Bundesländer. Zudem plädiert Bünker für die Beibehaltung des Religionsunterrichts.

„Ich glaube, dass man am Beispiel Salzburg sieht, dass das wirtschaftsliberale Konzept des Finanzkapitalismus an öffentlichen Gütern kläglich scheitert“, meinte Bünker. „Es scheitert sicher dort, wo politisch Verantwortliche mit öffentlichen Geldern versuchen, nach den Regeln des Finanzmarktes Geld zu machen. Und das ist, glaube ich, die Lehre, die man aus Salzburg ziehen muss.“ Bünker hält auch eine Lösung, der Staat könnte derartige Geschäfte für die Gebietskörperschaften übernehmen, für fragwürdig. „Die Frage wird ja nicht dadurch besser, dass man sagt, statt den Bundesländern soll es jetzt der Bund machen. Es muss den Politikern klar werden, dass wir Bereiche brauchen, die diesem System entzogen werden.“ Daher müsse man Swaps und Derivatgeschäfte für öffentliche Gelder „schlicht und einfach verbieten“.

Auch was die Volksbefragung zum Bundesheer im Jänner betrifft ist der evangelisch-lutherische Bischof skeptisch. Eigentlich gehe es dabei um eine „politisch zu entscheidende Frage“. „Ich bin gar nicht glücklich, dass man diese Frage quasi über die Bande spielt, nämlich über den Zivildienst und sagt: Damit wir den Zivildienst erhalten, müssen wir für die allgemeine Wehrpflicht sein. Das halte ich für eine falsche Logik und auch für politisch nicht korrekt.“ In der Sache ist Bünker noch unentschlossen, Konzepte wie die EU-Battle-Groups tendierten Richtung Berufsheer: Auch zweifelt er nicht daran, dass sich genug junge Menschen für freiwillige Sozialdienste melden würden. In erster Linie gehe es aber nun darum, vor der Volksbefragung „reinen Wein“ einzuschenken. Wie der Bischof selbst abstimmen wird? „Ich weiß es nicht. Und ich fürchte, dass es viele Österreicher nicht wissen und dann nicht hingehen werden.“

Unglücklich ist Bünker mit dem Verhalten der Bundesländer in der Asylfrage. „Es gibt da eine Kleinlichkeit, für die man sich genieren muss“, spricht er die Erfüllung der Quoten an. Das Hin und Her sei jedenfalls „kein Zeichen, dass die Bundesländer Verantwortung übernehmen wollen“. Erfreut ist er hingegen mit der Lösung, die für die in die Wiener Votivkirche gezogenen Flüchtlinge gefunden wurde. „Die Türen der Kirchen stehen Hilfe Suchenden immer offen. In unserer evangelischen Kirche in Floridsdorf hatten wir schon vor Jahren Flüchtlingen einquartiert, die sonst auf der Straße gestanden wären.“ Es sei gut, dass mithilfe der Caritas nun eine Lösung für die Menschen, die in der Votivkirche Zuflucht suchen, angestrebt werde. „Weihnachten macht uns sensibel für Menschen auf der Flucht und die, die kein Dach über dem Kopf haben. Hier ist Menschlichkeit gefragt.“

„Ich bin mehr für politische Beteiligung, für politische Teilhaberechte und für die Befähigung dazu“, so Bünker weiter. „Das betrifft auch Migranten und Migrantinnen, die zum Teil davon ausgeschlossen sind.“ Darum fordert der Bischof ein Wahlrecht zumindest auf Bezirksebene, auf Länderebene sollte man dies „auf jeden Fall anstreben“. In der von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz geplanten Ombudsstelle für Angehörige „radikalisierter Jugendlicher“ sieht Bünker keine Lösung. „Wenn islamische Jugendliche – meistens der dritten Generation in der Migration – zurückfallen in ein radikales Verständnis ihrer Religion, dann hängt es damit zusammen, dass sie wenig Bildungschancen hatten oder auch gar keine Chance am Arbeitsplatz haben“, meint er. „Eine Ombudsstelle löst gar nichts. Sie ist ein Thermometer, aber wir brauchen fiebersenkende Mittel auch dazu.“

In der Debatte um religiöse Beschneidung steht Bünker weiterhin hinter dem Judentum und dem Islam. Diese Praxis sei in Österreich nicht rechtswidrig, die Diskussion sei wohl nur entstanden., „weil es mit Religion zu tun hat“. Zum Argument, es handle sich um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Jugendlichen, meint er: „Dann gehört auch das Bauchnabelpiercing und die eine oder andere kosmetische Operation dazu.“

Die evangelische Kirche selbst bereitet sich nach wie vor auf das große Reformationsjubiläum im Jahr 2017 vor. Auf diesem Weg ist 2013 das „Jahr der Diakonie“. Aufgezeigt soll werden, welchen Beitrag evangelische Pfarrgemeinden für den Zusammenhalt der Gesellschaft leisten – vor allem in dörflichen Gegenden, „wo schon gar keine Infrastruktur mehr vorhanden ist“.

ISSN 2222-2464

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