09.11.2011

Bünker: Frauenordination kein „Kotau vor dem Zeitgeist“

"kreuz und quer"-Diskussion über Kirchenkrise und die katholische "Pfarrer-Initiative"

v.l.: Bischof Michael Bünker, Helmut Schüller, Pfarrer von Probstdorf und Obmann der "Pfarrer-Initiative", der emeritierte Universitätsprofessor für Dogmatik Wolfgang Beinert und ORF-Moderatorin Doris Appel.

„kreuz und quer“-Diskussion über Kirchenkrise und die katholische „Pfarrer-Initiative“

Wien (epdÖ) – „Kirchenkrise: Worum geht es wirklich?“ war das Thema einer Diskussionsrunde in der ORF-Sendung „kreuz und quer“ am 8. November. Anlass für das Gespräch war eine kürzlich veröffentlichte Studie im Auftrag von „kreuz und quer“. Darin wurden römisch-katholische Pfarrer aus ganz Österreich befragt, wie sie zu den Forderungen der „Pfarrer-Initiative“ stehen, die etwa die Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen und die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zum Abendmahl fordert. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Priester unterstützt den „Aufruf zum Ungehorsam“ der „Pfarrer-Initiative“.

Viele katholische Geistliche seien besorgt, dass die Gemeinden vor Ort durch den Wegfall von immer mehr Priestern an Bedeutung verlieren könnten, erklärte der Probstdorfer Pfarrer und Obmann der „Pfarrer-Initiative“ Helmut Schüller. Dass die Gläubigen an Sonntagen in jeweils andere katholische Kirchen zur Eucharistie gingen, könne keine Lösung sein. Die Forderung nach der Weihe von Frauen erhebe er nicht, weil diese sich in das Amt drängen würden, sondern weil er viele Frauen in seiner Gemeinde habe, die für das Priesteramt gut geeignet wären. Der römisch-katholische Dogmatiker Wolfgang Beinert sagte in Bezug auf die Frauenordination, dass es in der Heiligen Schrift keine Stelle gäbe, die gegen die Weihe von Frauen Stellung beziehe. Dies gäbe es auch nicht in der Tradition. Jahrhundertelang habe sich diese Frage schlicht und einfach nicht gestellt, es sei darüber kirchlicherseits geschwiegen worden. Erst in den 1960er und 1970er Jahren wurde das Thema brisant.

Kirchen haben einen Auftrag und einen Grund: das Evangelium

Auch in den Evangelischen Kirchen sei die Ordination von Frauen erst seit ein paar Jahrzehnten möglich. Die Entscheidung, Frauen als Pfarrerinnen zuzulassen, sei aber kein „Kotau vor dem Zeitgeist“ gewesen, erläuterte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker in der TV-Diskussion. Diese Entscheidung sei aus Einsicht in die biblischen Schriften gefällt worden, bereits in den paulinischen Gemeinden hätten Frauen wichtige Führungsaufgaben übernommen. „Damit Kirche Leib Christi und Volk Gottes repräsentiert, ist auch die Beteiligung von Frauen und so genannten Laien notwendig.“ Bünker betonte weiters, dass die Evangelischen Kirchen einen Auftrag und einen Grund hätten: das Evangelium. Wie gut es der Kirche gelinge, diesem Auftrag nachzukommen, liege auch an der Gestalt der Kirche. „Diese Gestalt ist nicht nach göttlichem Recht eingerichtet und daher veränderbar“, erinnerte der Bischof. Wie alle Kirchen und Religionsgemeinschaften stünden auch die Evangelischen Kirchen vor großen Herausforderungen. Es müsse das Anliegen der Kirchen sein, mit dem Evangelium zu den Menschen zu gehen und ihnen Möglichkeiten zur Beteiligung einzuräumen.

ISSN 2222-2464

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