14.02.2012

Breite Plattform für neues Jugendwohlfahrtsgesetz

Bessere Betreuung und Unterstützung für junge Menschen gefordert

Bessere Unterstützung für Kinder und Jugendliche, standardisierte Ausbildung von BetreuerInnen sowie einheitliche Regelungen für alle Bundesländer fordern Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppierungen (Foto: epd/M. Uschmann)

Bessere Betreuung und Unterstützung für junge Menschen gefordert

Wien (epdÖ) – Ein neues Jugendwohlfahrtsgesetz fordert die „Plattform Kinder- und Jugendhilfegesetz“. Vertreterinnen und Vertreter der Plattform machten bei einer Pressekonferenz am 14. Februar in Wien zugleich auf die schwierige Lage von Kindern und Jugendlichen aufmerksam.

„30.000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind auf Unterstützung durch die Jugendwohlfahrt angewiesen. 135.000 Unter-19-Jährige in Österreich werden als manifest arm bezeichnet, das heißt, sie müssen unter bedrückenden Verhältnissen leben“, erklärte Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich. Die derzeitige Situation würde sich zunehmend verschärfen. Es sei damit zu rechnen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich und dem Rest Europas weiter steige und der Einstieg ins Berufsleben immer schwieriger werde. Aktuelle Studien zeigten, dass Einsparungen in der Betreuung und Hilfe für benachteiligte junge Menschen soziale und gesellschaftliche Kosten erzeugten. „Mehr soziale Probleme verursachen volkswirtschaftliche Kosten. Eine höhere Schulabbrecher-Quote beispielsweise bringt durch steigende Sozialausgaben, höhere Gesundheitskosten und entgangene Steuereinnahmen Kosten von drei Milliarden Euro“, rechnete Schenk vor. „Geht die Schere zwischen Arm und Reich noch mehr auf, heißt das mehr Krankheiten und geringe Lebenserwartung, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Schulabbrecher, vollere Gefängnisse, mehr Gewalt und mehr soziale Ghettos.“

Es reiche nicht, Kinder in Jugendwohlfahrtseinrichtungen mit Nahrung und Kleidung zu versorgen, sie bräuchten noch mehr als alle anderen Kinder und Jugendlichen Liebe, Geduld, Sicherheit, Zuwendung und Aufmerksamkeit, sagte Gerald Herowitsch-Trinkl vom Dachverband österreichischer Jugendwohlfahrtseinrichtungen. Um Kindern und Jugendlichen entsprechend helfen zu können, bedürfe es dringend eines neuen Jugendwohlfahrtsgesetzes – das aktuelle ist über 20 Jahre alt. Dieses müsse gewährleisten, dass Jugendliche auch nach dem 18. Geburtstag betreut werden, dass in allen Bundesländern dieselben Rahmenbedingungen vorherrschen und dass die Ausbildungsstandards den aktuellen Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus brauche es eine einheitliche Statistik, Planung und Forschung für ganz Österreich, ist Herowitsch-Trinkl überzeugt.

„Gerade Kinder und Jugendliche mit komplexen und gravierenden Störungen in der psychischen Entwicklung benötigen häufig umfassende Hilfe, die besonders auch psychotherapeutische, psychologische und kinderpsychiatrische Leistungen mit einschließen muss“, berichtete Eva Mückstein vom Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie aus ihrer Praxis. Der derzeitige Entwurf für ein Jugendwohlfahrtsgesetz garantiere nicht, dass Kindern und Jugendlichen im Bedarfsfall professionelle und qualitätsgesicherte Hilfe zugestanden werde, kritisierte Mückstein. Auch aus der Sicht von Ernst Tatzer von der „PolitischenKinderMedizin“ stellt der Entwurf eine Bedrohung für die Koordination und die nachhaltige Entwicklung von Strukturen zur Versorgung dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen dar. Bereits jetzt würden rund 70.000 Jugendliche nicht die für sie notwendige Therapie erhalten, viel zu wenige kostenfreie Plätze stünden zur Verfügung.

Maria Moritz vom Österreichischen Berufsverband für SozialarbeiterInnen forderte unter anderem die Einsetzung eines unabhängigen Jugendhilfebeauftragten, der für Qualitätsmonitoring zuständig ist und Berichte ans Parlament abgibt.

Für die Stärkung der Prävention, für einheitliche Standards und die Professionalisierung der Fachkräfte sowie für Hilfe für junge Erwachsene setzt sich „SOS Kinderdorf“ ein. Der erste ministerielle Entwurf für ein neues Jugendwohlfahrtsgesetz im Herbst 2008 sei ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, meinte Roswitha Laminger-Purgstaller. „Um Kosten zu sparen, wurden viele Expertenvorschläge, Qualitätsstandards und Fortschritte wieder gestrichen, trotz vieler Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern kam es bis jetzt zu keiner Einigung“, so die Vertreterin von „SOS Kinderdorf“. Allen gemeinsam ist die Forderung nach einem bundesweit einheitlichen Jugendwohlfahrtsgesetz, da die Hilfe von Bundesland zu Bundesland variieren könne.

ISSN 2222-2464

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