11.05.2010

Asyl: Oberkirchenrätin Reiner kritisiert Abschiebepraxis

Keine Abschiebung nach Griechenland - Gravierende Missstände im Asylwesen - "Hätte menschlicheren Umgang erwartet"

Keine Abschiebung nach Griechenland – Gravierende Missstände im Asylwesen – „Hätte menschlicheren Umgang erwartet“

Mauthausen/Wien, (epd Ö) –  Die österreichische Abschiebepraxis von Asylwerbern hat die evangelisch-lutherische Oberkirchenrätin Hannelore Reiner kritisiert. Bei den Gedenkfeiern im KZ Mauthausen sprach Reiner am Sonntag, 9. Mai, in ihrer Predigt den Fall eines jungen Iraners an, der am Samstag nach Griechenland abgeschoben worden war. Der Mann sei wegen seines christlichen Glaubens aus dem Iran geflohen und über Griechenland nach Österreich gelangt, wo er bei einer evangelischen Pfarrerfamilie Auf-nahme gefunden hatte. Nach einem Jahr und einem zweimal abgelehnten Asylantrag sei er nun ohne Vorwarnung binnen weniger Stunden in Gewahrsam genommen und abgeschoben worden. Alle Interventionen und Anträge kirchlicher Persönlichkeiten hätten den jungen Mann nicht beschützen können, so Reiner.
Kritik übt Reiner an der österreichischen Praxis, noch immer Asylwerber im Rahmen des „Dublin-Systems“ nach Griechenland abzuschieben. Dabei sei es wohl nicht möglich, dass Asylsuchende in Griechenland ein faires Asylverfahren bekommen. Eine Delegation des Europaparlaments hatte in Griechenland schon vor rund zwei Jahren gravierende Missstände in der Umsetzung der europaweiten verbindlichen Regeln im Umgang mit Flüchtlingen festgestellt. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte an die EU-Staaten appelliert, im Rahmen des „Dublin-Systems“ keine Asylwerber nach Griechenland zurückzuschicken. Deutschland halte sich beispielsweise auch daran, erinnerte Reiner.
Nach geltendem Recht können laut der so genannten „Dublin II“-Verordnung Asylwerber in jenen EU-Staat zurückgeschickt werden, in dem sie zuerst EU-Territorium erreichten. Obwohl sie wisse, dass das Innenministerium nur Beschlüsse des Asylgerichtshofes ausführe, hätte sie sich einen menschlicheren Umgang erwartet. Auch ein Gespräch mit Innenministerin Maria Fekter – diese hatte an dem ökumenischen Gottesdienst in Mauthausen teilgenommen – habe in der Sache keinen Fortschritt gebracht. Fekter habe sich auf die geltende Gesetzeslage berufen.
An dem ökumenischen Gottesdienst hatte auch der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria, Michael Staikos, teilgenommen. Er sicherte Reiner zu, sich bei den griechischen Behörden für den jungen Mann und ein faires Asylverfahren einzusetzen. Die Gedenkfeiern, an denen mehr als 10.000 Besucherinnen und Besucher aus ganz Europa teilnahmen, standen heuer im Zeichen der Erinnerung an die tausenden Kinder und Jugendlichen, die im KZ Mauthausen Opfer des NS-Regimes wurden.

ISSN 2222-2464

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