23.02.2005

Armutskonferenz fordert „Mindestsicherungs-ABC“

Für materielle Mindestsicherung, soziale Dienstleistungen und aktive Arbeitsmarktpolitik

Für materielle Mindestsicherung, soziale Dienstleistungen und aktive Arbeitsmarktpolitik

Wien (epd Ö) – „Wenn unsere Gesellschaft ein großes Haus ist, können wir nicht achselzuckend hinnehmen, dass immer mehr Menschen im dunklen Keller verschwinden“, weist die Armutskonferenz auf notwendige Maßnahmen zur Armutsvermeidung hin. „Das Ziel muss jetzt sein, zu verhindern, dass Menschen in den Keller hinunterstürzen, – und nicht, ihn zu vergrößern“, so Martin Schenk, Sozialexperte der Armutskonferenz.

Um die Armut zurückzudrängen, schlägt die Armutskonferenz ein „Mindestsicherungs-ABC” vor. Es umfasst die materielle Mindestsicherung (A), soziale Dienstleistungen (B) und aktive Arbeitsmarktpolitik (C). Besonders die Bedeutung sozialer Dienstleistungen für die Armutsbekämpfung wurde bisher unterschätzt. Das Instrument einer materiellen Mindestsicherung (A) ist nur dann wirkungsvoll, wenn es mit sozialen Dienstleistungen (B) wie Kinderbetreuung, öffentlichem Verkehr, einem durchlässigen Bildungssystem oder sozialem Wohnbau verknüpft ist. Schenk erklärt, dass einer Alleinerzieherin eine Grundsicherung von 700 Euro „gar nichts nützt, wenn gleichzeitig die Miete auf 600 Euro ansteigt, es keine Kinderbetreuung gibt, beim Arzt stets gezahlt werden muss, Gebühren steigen, die U-Bahn keinen Sozialtarif kennt, die Schule keine kostenlose Nachmittagsförderung für ihr Kind anbietet, die Pensionsversicherung privat gezahlt werden soll.“

„Materielle Existenzsicherung gilt es in der Pension, in Phasen der Erwerbslosigkeit, bei der Notstandshilfe, in der Sozialhilfe und im Krankenversicherungsschutz zu etablieren“, so die Armutskonferenz weiter. Es brauche dafür einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen, umfassenden Versicherungsschutz und ein System der Bedarfsprüfung, das nicht zur langfristigen Verfestigung der Armut führe. Soziale Dienstleistungen stellten einen bisher unterschätzten Beitrag zu Armutsbekämpfung und Armutsvermeidung dar und seien im österreichischen Sozialsystem unterrepräsentiert. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten, Beratungsstellen, öffentlichen Verkehrsmitteln und Bildungsmaßnahmen müsse unabhängig von Herkunft und Einkommen gesichert sein. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sollten auf Freiwilligkeit basieren, existenzsichernde Löhne garantieren und der betroffenen Zielgruppe langfristige Perspektiven eröffnen.

Die Armutskonferenz ist ein österreichisches Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung, das über 100.000 Hilfesuchende im Jahr unterstützt und betreut. Infos unter 01/408 06 95 oder 0664/544 55 54, www.armut.at.

ISSN 2222-2464

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