Armutskonferenz alarmiert: 11% mehr Sozialhilfebezieher
Anstieg in allen Bundesländern – 30.000 Kinder und Jugendliche betroffen
Anstieg in allen Bundesländern – 30.000 Kinder und Jugendliche betroffen
Wien (epd Ö) – Ende 2004 betrug die Zahl der Hilfesuchenden in der Sozialhilfe 114.216. Im Vergleich zum Vorjahr sei dies ein Anstieg um 11 Prozent (102.920), weist die Armutskonferenz auf die bisher unveröffentlichten und aktuell verfügbaren Daten hin. Der Anstieg ist in allen Bundesländern zu verzeichnen. „30.000 davon sind Kinder und Jugendliche“, berichtet Sozialexperte Martin Schenk. Rechne man die SozialhilfebezieherInnen in Alten- und Pflegeheimen dazu (56.233, +6,4%), käme man insgesamt auf 170.500 Menschen, die ihren Lebensunterhalt bzw. ihre Pflege nicht mehr selbst bestreiten können. Schenk: „Unseren Recherchen nach hat sich die Anzahl Hilfesuchender mit Sozialhilfe in fast jedem Bundesland bis heute weiter erhöht.“
Gründe sieht der Diakonie-Mitarbeiter in der zunehmenden Zahl an „working poor“, in gestiegenen Lebenshaltungskosten bei Wohnen und Energie, in nicht existenzsichernden Arbeitslosen- und Notstandshilfeleistungen, nicht ausreichenden Pensionen, hoher Arbeitslosigkeit und im Anstieg an psychischen Erkrankungen.
Am System der Sozialhilfe kritisiert Schenk die „beschämenden Bedarfsprüfungen“, die Nichtanrechnung bei den Pensionszeiten, mangelnde Krankenversicherung, „undurchsichtige“ Richtsatzhöhen und den fehlenden Finanzausgleich zwischen ärmeren und reicheren Gemeinden. Gerade am Land werde die Sozialhilfe aus Scham nicht an Anspruch genommen. Bei der derzeitigen Form der Sozialhilfe vermisst die Armutskonferenz darüber hinaus die Rechtssicherheit. Verbesserungsvorschläge lägen, so Schenk, „seit geraumer Zeit am Tisch“. Das Beste sei zu verhindern, „dass Menschen in die Sozialhilfe abrutschen“.
Von den politisch Verantwortlichen fordert das Armutsnetzwerk, die Sozialhilfe in eine „bürgerfreundliche, transparente Sozialleistung umzuwandeln, die Existenzsicherung garantiert und für alle gilt“. Das Instrument der Sozialhilfe sei für Notlagen und nicht für strukturelle Arbeitslosigkeit geschaffen. Das Problem der working poor oder der Altersarmut überfordere die Sozialhilfe.
ISSN 2222-2464