08.10.2007

Arigona: Evangelische Kirche bietet Schutz und Betreuung an

Designierter Bischof Michael Bünker in der TV-Diskussion "Im Zentrum" - Einladung an Innenminister Platter

Designierter Bischof Michael Bünker in der TV-Diskussion „Im Zentrum“ – Einladung an Innenminister Platter

Wien (epd Ö) – „Wenn Arigona das möchte, können wir ihr einen Ort anbieten, an dem sie Schutz und Begleitung finden kann“, sagte der designierte evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker am Sonntagabend in der TV-Diskussion „Im Zentrum“, die die „Unmenschlichen Abschiebungen“ thematisierte. Mit dem Diakoniezentrum Spattstraße in Linz stehe, so Bünker, ein kompetentes Betreuungsteam bereit. Auch wenn es nie nur um diejenigen gehen könne, „die es in die Medien schaffen“, müsse es „doch eine Lösung geben für dieses Mädchen“. Innenminister Günther Platter lud der designierte Bischof ein, „mich anzurufen und zuzusichern, dass Arigona nicht persönlich von der Abschiebung bedroht ist“. Eine Antwort Platters steht noch aus. Der Aufenthalt der 15-jährigen Arigona Zogaj ist weiter unklar. Das Mädchen war im Zuge der Abschiebung ihres Vaters und ihrer Geschwister untergetaucht.

 

Immer wieder würde unterstrichen, dass Europa von christlich-jüdischen Werten geprägt sei, erinnerte Bünker in der Live-Diskussion. Diese Werte, dass etwa jedem Menschen eine unantastbare Würde zukomme, seien nicht aufteilbar auf In- oder Ausländer, sondern müssten für alle gelten. Die Evangelische Kirche habe „gute Gründe“, für ein generelles Bleiberecht einzutreten, das von einer Stichtagsregelung, etwa nach drei oder fünf Jahren Aufenthalt, und einem geordneten Verfahren ausgeht. „Das Bleiberecht ist ein Recht der Menschen und keine Bleibegnade“, sagte Bünker, der am 1. Jänner das Bischofsamt antritt. Viele warten „ohne Schuld viele Jahre auf ein Ende des Verfahrens“. Es wäre „ein guter Schritt, dieses Bleiberecht umzusetzen, und dann zu schauen, wie wir geordnete Zuwanderung gestalten können“. Dass Österreich Zuwanderung brauche, sei inzwischen allen klar.

 

Gegen eine Änderung der Fremdengesetze und gegen ein Bleiberecht sprach sich in der TV-Diskussion der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider aus. Es gebe eine klare Definition, was das humanitäre Aufenthaltsrecht bedeute. Das Angebot Bünkers an Arigona griff Haider auf und lud das Mädchen ein, „nach Kärnten zu kommen“.

 

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meinte, das Fremdengesetz sei „keine Visitenkarte Österreichs“, sondern bewusst ein „Fernhaltegesetz“. Das humanitäre Bleiberecht, das etwa, wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in der Diskussion betonte, verstärkt genützt werden sollte, sei in den letzten Jahren rapid zurückgedrängt worden. „Warum entfernt ein Land wie Österreich diese integrierten Leute?“, fragte der Verfassungsrechtler. Der Asylgerichtshof müsse personell besser ausgestattet werden, Verfahren dürften maximal zwei Jahre dauern. Die ÖsterreicherInnen seien nicht hartherzig, „sondern mit Politikern konfrontiert, die Fremdenängste schüren, um Wählerstimmen zu gewinnen“. Mayer: „Deswegen haben wir diese Fremdengesetze.“

 

Es sei eine „menschliche Tragödie, die mit politischem Kleingeld ausgefochten wird“, sagte der Schauspieler Harald Krassnitzer in der Diskussion, an der auch eine 15-jährige Schülerin teilnahm, deren Familie von der Abschiebung bedroht ist. Menschen, so Krassnitzer, müssten dafür bezahlen, dass die Politik jahrelang säumig war. Der Schauspieler forderte ein Bleiberecht für „jene Menschen, die schon bei uns sind und die nichts dafür können, dass das Fremdengesetz sie in dieses Dilemma gebracht hat“.

 

Für eine Evaluierung der Fremdengesetze trat Nationalratspräsidentin Prammer ein, was, wie Haider ergänzte, laut Regierungsbeschluss jedoch nicht mehr auf der Tagesordnung stehen würde. Prammer wünscht sich eine aktive Integrationsplattform. Die rund 4000 Fälle jener Menschen, die bereits mehrere Jahre in Österreich leben, seien nach humanitären Kriterien zu prüfen.

 

Protest in Frankenburg – Oberkirchenrätin Reiner fordert sofortigen Stopp der Abschiebungen

 

Am Samstag hat im oberösterreichischen Frankenburg eine Protestkundgebung für die teilweise abgeschobene Familie Zogaj stattgefunden. Rund 500 Menschen laut Angaben der Polizei, Medien sprechen von bis zu 1000 Personen, nahmen daran teil, allen voran Prominente wie der Schauspieler Alfons Haider oder der Schriftsteller Franzobel sowie Politiker von SPÖ, ÖVP und den Grünen. Die evangelisch-lutherische Oberkirchenrätin Dr. Hannelore Reiner forderte bei der Kundgebung „die sofortige Beendigung der nun laufenden Abschiebungen, die Achtung des Familienzusammenhalts und – nach Befürwortung der jeweiligen Verantwortlichen auf Gemeinde- und Landesebene – ein Bleiberecht für integrierte AsylwerberInnen, damit Frankenburg und so manch andere Gemeinde in Österreich wieder zu dem werden, was sie sind: Symbolgemeinden für Menschlichkeit und ein friedliches Miteinander“. Ein Gesetz, das sich in der Praxis als inhuman erwiesen habe, „muss in einem Rechtsstaat geändert werden“, so das Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirchenleitung.

 

ISSN 2222-2464

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