30.06.2015

„Ablehnung von Flüchtlingen erfüllt uns mit Bestürzung“

Pfarrgemeinde St. Aegyd-Traisen kritisiert Gemeinderatsbeschluss

"Die Unterschriftensammlung und vor allem der darauf folgende einstimmige Gemeinderatsbeschluss in St. Aegyd, mit dem die Unterbringung von 20 minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen in Kernhof verhindert wurde, erfüllt uns als Evangelische Pfarrgemeinde St. Aegyd-Traisen mit tiefer Bestürzung", heißt es in einem offenen Brief der Pfarrgemeinde, der von Pfarrer Jörg Lusche und von Superintendentialkuratorin Gisela Malekpour (Bild), unterzeichnet wurde. (Foto: epdÖ/M.Uschmann)

Pfarrgemeinde St. Aegyd-Traisen kritisiert Gemeinderatsbeschluss

St. Aegyd (epdÖ) – Das Thema Unterbringung von Flüchtlingen und Asylwerbern prägt seit mehreren Wochen die innenpolitische Debatte in Österreich. Hilfsorganisationen wie etwa die Diakonie Österreich drängen auf rasche Lösungen und fordern menschenwürdige Unterkünfte für Menschen auf der Flucht. Während einzelne Gemeinden Quartiere für Flüchtlinge und Asylwerber bereitstellen, gibt es anderswo Widerstand, etwa im niederösterreichischen St. Aegyd. Dort hat der Gemeinderat vor wenigen Tagen per einstimmigem Beschluss, dem eine private Unterschriftenaktion in der Bevölkerung vorausging, die geplante Unterbringung von 20 minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen verhindert. Heftige Kritik an diesem Beschluss kommt jetzt unter anderem von der Evangelischen Pfarrgemeinde St. Aegyd-Traisen.

„Die Unterschriftensammlung und vor allem der darauf folgende einstimmige Gemeinderatsbeschluss in St. Aegyd, mit dem die Unterbringung von 20 minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen in Kernhof verhindert wurde, erfüllt uns als Evangelische Pfarrgemeinde St. Aegyd-Traisen mit tiefer Bestürzung“, heißt es in einem offenen Brief der Pfarrgemeinde, der von Pfarrer Jörg Lusche und der Kuratorin der Gemeinde, Gisela Malekpour, unterzeichnet wurde. „‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!‘ … ist eine der Kernaussagen Jesus und die Basis dessen, was wir in der Evangelischen Kirche unter Diakonie – Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Fürsorge für Bedürftige – verstehen. Dieses Gebot ist somit ein Grundpfeiler unseres christlichen Glaubens, den manche Menschen wie einen Schutzschild vor sich hertragen, wenn sie gegen Asylwerber, Flüchtlinge oder Migranten mobilmachen“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Lusche und Malekpour, die auch Superintendentialkuratorin der Diözese Niederösterreich ist, erinnern in dem Schreiben daran, dass durch die Unterkünfte für Asylwerber in Hainfeld und Lilienfeld die Kriminalitätsrate vor Ort nicht gestiegen sei. Insofern seien die Verbreitung von Angst und das Schüren von Vorurteilen nicht gerechtfertigt. Dies habe „jedenfalls in der Evangelischen Kirche keinen Platz“. Es sei „menschenverachtend, diesen Kindern, die Krieg, Not, Elend und die Gefahren der Flucht hinter sich haben, von vornherein zu unterstellen, dass sie Diebe, Räuber und Kriminelle sind“.

„Wir sind durch unseren Glauben dazu angehalten, uns um Menschen, die bedürftig, verzweifelt und ausgegrenzt sind, zu kümmern, ihnen zu helfen und sie aufzunehmen. Dazu steht und das lebt auch unsere Pfarrgemeinde“, heißt es abschließend in dem offenen Brief.

ISSN 2222-2464

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Malekpour | Flüchtlinge

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