08.06.2006

15 Jahre AKH-Seelsorge: Interreligiöses Miteinander auf gleicher Augenhöhe

Gemeinsame Botschaft der interreligiösen Seelsorge

Gemeinsame Botschaft der interreligiösen Seelsorge

Wien (epd Ö) – Mit einer gemeinsamen Botschaft ist die interreligiöse AKH-Seelsorge am Donnerstag an die Öffentlichkeit getreten. Anlass ist das 15-Jahr-Jubiläum der Seelsorge in einem der größten Krankenhäuser Europas. Die Krankenhausseelsorge umfasst am AKH in Wien die katholische, die evangelische und die orthodoxe Kirche sowie die jüdische und die muslimische Religionsgemeinschaft. Der „Dialog des Lebens“ erfolge „auf gleicher Augenhöhe“, betonen die KrankenhausseelsorgerInnen in ihrer Botschaft, die in einer Pressekonferenz präsentiert wurde und auch im Mittelpunkt einer interreligiösen Feier am Donnerstagabend steht.

Die Krankenhausseelsorge leiste ihren Beitrag zum Heilungsauftrag des Krankenhauses, indem sie Menschen Raum gebe, „all das auszudrücken, was ihnen auf der Seele brennt“, heißt es in der Botschaft. Gleichzeitig, so die KrankenhausseelsorgerInnen, trage ihre Arbeit entschieden dazu bei, Medizin und Pflege humaner zu gestalten. In der Botschaft wird auch auf das enorme Ausmaß ehrenamtlicher Tätigkeit verwiesen, ohne die dieses Angebot nicht möglich wäre. Gemeinsame Basis der AKH-Seelsorge, die jährlich rund 20.000 PatientInnen betreut, sei das Bewusstsein: „Alle Menschen sind von Gott geschaffen und einmalig.“

Konkrete Forderungen

Die KrankenhausseelsorgerInnen betonten bei der Pressekonferenz nicht nur die interreligiöse Kooperation, sondern erhoben auch konkrete Forderungen für die PatientInnen, etwa nach einem Essensangebot, das religiösen Vorschriften genüge, nach verstärkter Wahrung der Intimsphäre und nach einer professionellen Ausbildung der KrankenhausseelsorgerInnen. Die damit verbundenen Kosten seien vor allem für kleine Religionsgemeinschaften nicht zu bewältigen, so der katholische Krankenhausseelsorger Dr. Franz Vock. Hier sei die öffentliche Hand gefragt.

Wenn Menschen im Krankenhaus vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben ihrer „Endlichkeit“ begegnen, bilde die Seelsorge durch die verschiedenen Religionsgemeinschaften eine „wesentliche Stütze“, sagte der stellvertretende ärztliche Direktor des AKH, Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski. Als Spiegelbild der Gesellschaft finde sich im AKH eine Vielzahl von Kulturen, doch „letztlich ordnen sich alle dem Phänomen des leidenden Individuums unter“, was Trennendes in den Hintergrund treten lasse. Zielinski: „Unser Platz kann nur bei der Menschlichkeit sein, an der Seite des leidenden Individuums.“

Sorge um den ganzen Menschen

Die Krankenhausseelsorge sei bestimmt von der „Sorge um den ganzen Menschen“, erklärte der Wiener römisch-katholische Weihbischof Dr. Franz Scharl. Letztlich gehe es um die Quintessenz, „nicht allein gelassen zu werden“. Die Arbeit, die professionelle Ausbildung der SeelsorgerInnen voraussetze, erfolge im „gelebten Dialog, im kostbaren Miteinander“.

Die Notwendigkeit einer profunden Ausbildung unterstrich auch der Wiener Superintendent Mag. Hansjörg Lein von der Evangelisch-lutherischen Kirche. Eine Großstadt wie Wien berge die Gefahr, „dass der einzelne Mensch untergeht“. In der personenzentrierten Seelsorge im Krankenhaus gehe es hingegen immer um die Begegnung mit dem Gegenüber, um das Gefühl „ich bin ganz für dich da, ich bin nur für dich da“. Eine Begegnung, die nicht planbar sei, aber oft, so Lein, auch von den SeelsorgerInnen als „Geschenk“ erlebt werde.

Ökumene in der Praxis

„Hier erleben wir die Früchte der Ökumene in der Praxis“, sagte der griechisch-orthodoxe Metropolit Dr. Michael Staikos. Seelsorge im Krankenhaus betreffe nicht nur die PatientInnen selbst, sondern hätte auch eine therapeutische Funktion für die gesamte Familie der PatientInnen. Dass die interreligiöse Arbeit aus einem gegenseitigen Geben und Nehmen zwischen Minderheit und Mehrheit bestehe, hob Dr. Willy Weisz von der Jüdischen Kultusgemeinde in Wien hervor. Der Vizepräsident der Islamischen Religionsgemeinde Wien, Dr. Ahmet Hamidi, betonte die gemeinsame Verantwortung der religiösen Mehrheit und Minderheit. Im AKH sei diese „echte Solidarität“ „vorbildlich“ gelungen.

Präsentiert wurde bei der Pressekonferenz auch ein „Reiseführer“ durch die „spirituelle Meile des AKH“. Darin stellen die SeelsorgerInnen die vier Gebetsräume der evangelischen und katholischen Christen sowie der Juden und Muslime vor.

www.akh-seelsorge.at

ISSN 2222-2464

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